Kommentar |
Mit dem Begriff „Schreibszene“ bezeichnet Rüdiger Campe das Zusammenspiel von Sprache, Instrumentalität und Gestik, das jeden Schreibakt begleitet. Wie diese Konstellation des Schreibens sich historisch und individuell verändert, darüber können auch literarische Texte Auskunft geben. Im Zentrum des Seminars stehen Fragen nach der Mitwirkung von Werkzeugen (Stift, Schreibmaschine, Computer), Materialien und körperlichen Gesten beim literarischen Schreiben: Wie geht Literatur auf die Bedingungen und Möglichkeiten ihres Zustandekommens ein? Schlagen sich die Spuren der jeweiligen Schreibszene in die Poetik der Texte nieder? Ausgehend von theoretischen Reflexionen über die Materialität und Medialität der Literatur, werden wir uns zunächst mit Konzepten der schriftorientierten Forschung auseinandersetzen: Schreiben als Selbsttechnik (M. Foucault), Schreibweise (Roland Barthes), Schreibszene (Rüdiger Campe), Schriftbildlichkeit (Sybille Krämer). Ziel des Seminars ist es weiterhin, nach Schreibszenen in der ost- und ostmitteleuropäischen Literatur des 20. Jahrhunderts zu suchen und die Formen ihrer Thematisierung, Darstellung, Inszenierung und Problematisierung zu analysieren. Die Lektürearbeit an Texten von M. Białoszewski, G. Gospodinov, B. Hrabal, B. Michajlov, V. Nezval, V. Rozanov, A. Sinjavskij, L. Vaculík orientiert sich außerdem an folgenden thematischen Schwerpunkten: Schreibszene als politische Szene, Samizdat und Lagerliteratur, Schreibszenen des Autobiographischen, Portabilität und Schreibengehen, Schreib- und Raumpoetik. Die zu diskutierenden Textauszüge liegen auch übersetzt vor und werden in moodle zur Verfügung gestellt.
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