Kommentar |
Francesco Petrarcas Canzoniere mit Liebesgedichten an die engelsgleiche, für den Dichter unerreichbare Laura bildet in der Renaissance das Muster für eine außerordentlich kompakte kleine Gedichtform, die in ganz Europa in unterschiedlich gestaffelten Wellen des Kulturtransfers Furore macht. Auf dem Kontinent wie in England gehört die Beherrschung dieses Genres – und mit ihm eines subtilen und effektiven Instruments der Strukturierung wie der Weckung von Gefühlen und Gedanken – bald zur intellektuellen Grundausstattung. In den nachfolgenden Jahrhunderten avanciert das Sonett zu einer zentralen Spielform der kombinatorischen Poetik. Im Durchgang durch wichtige Stationen seiner westeuropäischen Literaturgeschichte wird das Seminar nicht nur einige der philosophischen, rhetorischen, poetologischen Voraussetzungen dieser strengen Form erarbeiten, sondern vor allem auch die Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten erkunden, die ihr unter Nutzung verschiedener Zeichentypen, Darstellungsmedien, Strukturmuster, Genrekonventionen und Zitate abgewonnen worden sind. Behandelt werden u.a. Sonette von Petrarca, Shakespeare, Spenser, Sidney, Gryphius, Fleming, G.A. Bürger, A.W. Schlegel, Baudelaire, Rimbaud, George, Rilke, Gernhardt, U. Hahn und J. Wagner. Eine Textauswahl zu diesem Pensum wird voraussichtlich als Moodle bereitgestellt; die Anschaffung einer kommentierten Ausgabe der Sonette Shakespeares (Arden oder Oxford) ist zu empfehlen. Hilfreich zur Einführung und vorbereitenden Lektüre ist auch Fifty English Sonnets, ed. Michael Hanke. Stuttgart: Reclam, 2001.
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