Kommentar |
Mit dem Postulat der Wertfreiheit hat Weber einen Grundsatz geprägt, der für das Selbstverständnis und die Reputation der Wissenschaft von entscheidender Bedeutung ist. Politik und Gesellschaft können sich auf wissenschaftliche Aussagen nur dann vorbehaltlos stützen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass wissenschaftliche Expertisen verlässlich sind, sich objektiv auf empirische Fakten stützen und sich darin nicht die subjektiven Werturteile einzelner Wissenschaftler ausdrücken. Die Forderung der Enthaltung von normativen Aussagen beruht wesentlich auf der Unterscheidung von Fakten und Werten, bzw. Sein und Sollen. Doch gerade diese Trennung von Fakten- und Wertaussagen ist in den letzten Jahren von Philosophen, Soziologen und Linguisten in Frage gestellt worden. Neben der eher philosophischen Frage, wie verwoben Fakten und Werte in wissenschaftlichen Aussagen eigentlich sind, interessiert uns auch die Verwobenheit von Wissenschaft und Gesellschaft ganz allgemein, z.B. mit Blick auf die Rolle wissenschaftlicher Experten und Expertisen als Grundlage politischer Entscheidungsprozesse.
Ziel des Seminars ist es, im Licht neuerer soziologischer, wissenschaftstheoretischer und sprachphilosophischer Erkenntnisse, die Frage nach der Wertfreiheit neu zu evaluieren und konzeptuell einzuordnen. |
Literatur |
Max Weber: Die 'Objektivität' sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, in: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, hrsg. v. Johannes Winckelmann, Tübingen 1988.
Putnam, Hillary. 2002. The Collapse of the Fact/Value Dichotomy and Other Essays. Harvard University Press. |