Kommentar |
Im Rahmen Seminars „Geschichte als Film“ (Montag 10-16 Uhr) wollen wir in Kooperation mit professionellen Filmschaffenden einen Dokumentarfilm über die Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland produzieren. Die Veranstaltung (Masterseminar, Übung + Methodenübung) wird von Dr. Ulrike Schulz, Dr. des. Heike Wieters, Verena Kröss, Sören Eden und der Dokumentarfilmerin Carola Rodriguez-Sanchez geleitet.
Der thematische Fokus des zu erstellenden Dokumentarfilms liegt auf den tiefgreifenden Transformationsprozessen, denen Sozialpolitik seit Ende des 19. Jahrhunderts im Kontext von Globalisierung und Europäisierung unterworfen ist. Wir blicken auf sozialpolitische Kontinuitäten und Brüche in fünf deutschen Staaten: dem Kaiserreich, der Weimarer Republik, dem NS-Staat, der DDR und der Bundesrepublik bis heute. Neben dem Blick auf langfristige Prozesse, Strukturen und entscheidende Ereignisse sozialpolitischen Wandels, gilt das zentrale Interesse den Akteuren, die Sozialpolitik konkret gestalten. Intellektuelle, politische Verantwortungsträger und internationale Experten haben die deutsche Sozialpolitik ebenso entscheidend geprägt wie Bürgerinnen und Bürger, die vom Wandel sozialpolitischer Konzepte, Praktiken und Institutionen während des 20. Jahrhundert direkt betroffen waren. Dementsprechend verbindet das Filmprojekt den Blick auf entscheidende große Zäsuren und Kontinuitäten mit einem mikrohistorischen Fokus auf die konkreten sozialen Folgen, die sozialpolitische Richtungsentscheidungen für den Alltag ganz unterschiedlicher sozialer Gruppen in den deutschen Gesellschaften hatten und noch heute haben.
In der Lehrveranstaltung soll sowohl das inhaltlich-thematische Grundlagenwissen über die Veränderungen von Sozialpolitik seit dem 19. Jahrhundert als auch das Filmkonzept selbst erarbeitet werden. Dabei werden sowohl filmtechnische- und ästhetische Fragen als auch geschichts- und sozialwissenschaftliche Konzepte (Public History, Oral History, Visual History) reflektiert und auf ihre Praxistauglichkeit hin überprüft.
Der Konzeptions- und Produktionsprozess wird in enger Kooperation mit Filmschaffenden realisiert. Im Ergebnis soll die Dokumentation einen differenzierten Blick auf historische und aktuelle Veränderungen im Bereich der sozialen Sicherheit ermöglichen und relevante Akteure aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft zu Wort kommen lassen. Dafür soll sowohl historisches Bildmaterial (von Statistiken über Graphiken und Illustrationen bis hin zu jeweils zeitgenössischem Filmmaterial) als auch Material aus eigens für dieses Projekt geführten Experteninterviews und Zeitzeugengesprächen verwendet werden.
Das Projekt wird durch einen seminarbegleitendes Blog ergänzt. Hier soll einerseits Wissenschaftskommunikation im digitalen Bereich ermöglicht werden, anderseits wird das Blog ein Forum bieten, in dessen Rahmen die Herausforderungen moderner Sozialstaatlichkeit im Zeitalter von Globalisierung und Digitalisierung debattiert werden können.
Das Seminar ist in sechs Teilabschnitte gegliedert:
- Erarbeitung des Forschungsstandes sowie aktueller Debatten
- Praxisorientierte Einführung in Methoden wissenschaftlicher Interviewführung, Experten- workshop zu Theorie und Methoden des Dokumentarfilmens
- Konzeption des Drehbuches (prüfungsrelevante Ausarbeitungen der Studierenden) und Erarbeitung der Drehpläne in Kooperation mit den Dozentinnen
- Durchführung der Dreharbeiten (Interviews, Erstellen von Graphiken und Akquise historischen Filmmaterials)
- Sichtung des Materials, Erstellen eines Schnittkonzeptes (2. prüfungsrelevante schriftliche Ausarbeitung der Studierenden), Diskussion des Rohschnitts mit den Produzentinnen/Regisseuren, Konzeption des Final Cut
- Präsentation des Films, Public Screening mit anschließender Diskussion und Festvortrag
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