Von Eisenbahnen und Telegraphen: Die technologische Konstruktion des "Westens" - Detailseite

Was ist „der Westen“? Und: Wer hat ihn „gemacht“? Diese beiden Fragen stehen im Mittelpunkt des Seminars, das einen technikgeschichtlichen Blick auf die Konstruktion der westlichen (sprich: westeuropäischen und nordamerikanischen) Identität werfen möchte. Die These steht im Titel: Was wir heute als normativ-ideelles Projekt diskutieren, ist zu einem Gutteil durch materielle Infrastrukturen bzw. durch deren Wahrnehmung und Erfahrung geformt worden. Wir konzentrieren uns im Seminar auf das Zeitalter der Territorialität zwischen circa 1860 und 1970 (Charles Maier), als Infrastrukturen wie Eisenbahnen, Straßen oder Telegraphennetze die Welt immer feinmaschiger erfahrbar machten, und wir untersuchen, wie diese neuen Technologien geplant, realisiert und rezipiert wurden. Dabei wird sich zeigen: Parallel zur Infrastrukturalisierung des westeuropäisch-nordamerikanischen Raumes wuchs die territoriale Segmentierung, aber es nahm auch die Idee grenzüberschreitender Interdependenz konkretere Gestalt an. Das Seminar ist konzipiert als Einführung in die Sozial- und Kulturgeschichte von Infrastrukturen.

Alexander Badenoch/Andreas Fickers (Hg.), Materializing Europe: Transnational Infrastructures and the Project of Europe, New York 2010; Armand Mattelart, Networking the World, 1794–2000, Minneapolis 2000; Charles Maier, „Consigning the Twentieth Century to History: Alternative Narratives for the Modern Era“, in: American Historical Review 105 (2000), S. 807–831; Erik van der Vleuten/Arne Kaijser (Hg.), Networking Europe: Transnational Infrastructures and the Shaping of Europe, 1850–2000, Sagamore Beach, MA 2006.