Kommentar |
Das Q-Tutorium will das ästhetische System Christian Kracht durch eine konkrete Interpretations¬schablone betrachten: der – die wichtigsten bisherigen Ansätze der Kracht-Forschung aufgreifenden und womöglich synthetisierenden – These nachgehen, dass sein großes Ziel die Subversion der Strukturen und Mechanismen der „postdemokratischen“ oder „simulativ“-demokratischen Öffentlichkeit sei. Mit letzteren Termini ist die (stets medial vermittelte, meist im Medialen überhaupt nur existierende und deshalb also immer stärker und mehrfach ästhetisierte) Öffentlichkeit heutiger westlich-liberaler Gesellschaften gemeint, die auf ebenjener Ebene des öffentlich Sichtbaren, Repräsentativen und Inszenatorischen – der Ebene, auf der eben auch der öffentliche und politische Diskurs der breiten Bevölkerung stattfindet – als demokratisch zu charakterisieren sind, in welchen jedoch jenseits dieser Inszenierung und in international geweiteter Perspektive gegenläufige Tendenzen auszumachen sind. Die Demokratie unterliegt, mit Ingolfur Blühdorn neutral formuliert, einem Formwandel. Diesem nachzugehen und gleichzeitig auszuloten, auf welche Art und Weise Literatur (und andere Kunst- und Äußerungsformen) auf ihn reagieren, sich der omnipräsenten Inszenierung und der Absorbierung durch sie womöglich entziehen und so, in ihrer Subversion, (wieder) politisches Gewicht finden können, ist die grundlegende Motivation des Tutoriums. Neben der Auseinandersetzung mit den Werken Krachts, der Inszenierung seiner Autor-Persona und der öffentlichen Wirkung und Rezeption beider sowie einigen wichtigen Beiträgen der Kracht-Forschung sollen zur Konturierung des politischen Diskurses aktuelle demokratiekritische sowie thematisch angrenzende Texte zentraler Theoretiker gelesen werden (Crouch, Rancière, Blühdorn, Derrida u.a.). Ganz im Sinne des forschenden Lernens wird es dennoch vglw. viel Raum zur Eigeninitiative der Teilnehmenden geben, z.B. bei der Gestaltung des Semesterplans. Eingeladen sind interessierte Bachelor- und Masterstudierende aller Fächer. Am Institut für deutsche Literatur ist das TUT als Begleitung zum Modul Lit.geschichte III vorgesehen. Um eine kurze Anmeldung an valtinlu@cms.hu-berlin.de wird gebeten.
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Literatur |
Christian Krachts Romane: Faserland, 1979, Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten, Imperium
Zur Einführung in das ästhetische System Christian Kracht:
Birgfeld, Johannes; Conter, Claude D. Conter: Christian Kracht. Leben und Werk. Köln 2009; Blühdorn, Ingolfur: Simulative Demokratie. Neue Politik nach der postdemokratischen Wende. Berlin 2013 u.a.
Eine kurze Einführung in den populären "Postdemokratie"-Begriff (den es kritisch zu hinterfragen und weiterzuentwickeln gelten wird) findet sich unter:
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