Der traurige Kaiser: Tiberius - Detailseite

Die römischen Kaiser wurden schon in der Antike in ‚gut’ und ‚schlecht’ eingeteilt. Dieses starre Schema hält sich bis heute trotz der durch die Geschichtswissenschaften veränderten moralischen Maßstäbe an römische Politik. Zu den wenigen Kaisern, die das Privileg einer differenzierten Darstellung durch Quellen und moderne Forschung genießen, gehört Kaiser Tiberius: Nicht eindeutig gut oder schlecht, sondern schwierig, kompliziert und undurchschaubar – oder, wie es der Althistoriker Zvi Yavetz mit Rückgriff auf den älteren Plinius formulierte, einfach nur sehr traurig (tristissimus). Die antike Überlieferung erklärte Tiberius einfach zum typischen Claudier, dem Hochmut und Grausamkeit angeboren sei. Die Althistorie hat für den eigenwilligen Herrschaftsstil des Tiberius verschiedene Erklärungen vorgelegt: Sie reichen von einer schwierigen Kindheit in einer Patchwork-Familie, Traumata in der Jugend bis hin zu rein politischen Begründungen.

In der Übung unterziehen wir die zentralen Quellen anhand der breit gefächerten Forschungsliteratur einer Re-Lektüre. Daneben werden vereinzelt materielle Zeugnisse zur Sprache kommen.

Zvi Yavetz, Tiberius. Der traurige Kaiser. Biographie. München 2002. Dirk Barghop, Forum der Angst. Eine historisch-anthropologische Studie zu Verhaltensmustern von Senatoren im Römischen Kaiserreich. Frankfurt a.M./New York 1994.