Kommentar |
Das Selbst ist etwas, worüber man schreibt, so Michel Foucault. Schreibtätigkeiten wie Tagebuch führen, Aufzeichnungen über sich selbst machen, Träume notieren oder Briefe an Freunde schicken gehören laut Foucault zu den wichtigsten Techniken der Selbsterkenntnis. Im Seminar wird dieser Verbindung zwischen Schreiben und „Sorge um sich selbst“ nachgegangen und anhand von Beispielen aus der russischen, slowakischen und tschechischen Literatur untersucht. Wir werden einige der bedeutendsten historischen Stationen der Selbsttechniken im 19. und 20. Jahrhundert durchgehen, und dabei auf Brüche und Kontinuitäten achten: angefangen von der Romantik über die Moderne der Jahrhundertwende hinaus bis hin zu den „langen“ 1970er Jahren sowie zur Gegenwart. Neben einer Einführung in Theorie und Poetik der behandelten Gattungen (Tagebuch, Reisetagebuch, Brief, Aufzeichnung, Traumnotat) werden theoretische Ansätze und Konzepte (ästhetische Subjektivität, Affektpoetik, Authentizität, Fragment, Archiv, Alltag, Präsenz, Gender und Genre, Materialität der Kommunikation) vorgestellt, die jeweils unterschiedliche Lektürearten ermöglichen. Als Grundlage der Diskussion dienen Texte folgender Autoren: M. Cvetaeva, J. Deml, V. Havel, I. Kadlečík, K. H. Mácha, B. Michajlov, B. Němcová, V. Rozanov, D. Tatarka, L. Tolstoj, L. Vaculík. Die zu diskutierenden Textauszüge liegen auch übersetzt vor und werden in moodle zur Verfügung gestellt. |