Die Systemtheorie Luhmannscher Prägung kann als die gegenwärtig wohl anspruchvollste und komplexeste Gesellschaftstheorie mit universalem Anspruch gelten. Entsprechend selten wird sie im Bereich der Geschichtswissenschaft zur Kenntnis genommen. Sie verfügt über eine nicht-teleologische Theorie sozio-kultureller Evolution, die der europäischen Geschichte seit der Antike eine besondere Rolle zuweist, thematisiert grundsätzliche Fragen von Zeitlichkeit und Geschichte, hat umfangreiche Studien zu “Gesellschaftsstruktur und Semantik” im frühneuzeitlichen Europa vorgelegt und interpretiert die moderne (Welt-)Gesellschaft in grundsätzlicher Gegenüberstellung zu allen vormodernen Gesellschaften. Diese Übung, die im Rahmen der Alten Geschichte angeboten wird, richtet sich an Studierende der Geschichte, die bereit sind, sich auf komplizierte Texte einzulassen, und – ausgehend von Luhmanns Analysen der modernen Gesellschaft – das Erkenntnispotential der Systemtheorie für vormoderne Gesellschaften, insbesondere für die griechisch-römische Antike auszuloten.
Niklas Luhmann, Ökologische Kommunikation. Kann die moderne Gesellschaft sich auf ökologische Gefährdungen einstellen? Opladen 1986 [zugleich Einführung in seine Systemtheorie von Luhmann selbst]; ders., Einführung in die Theorie der Gesellschaft, hg. von Dirk Baecker, Heidelberg 2005 [Vorlesungsmitschrift]; ders., Die Gesellschaft der Gesellschaft, 2 Bde., Frankfurt am Main 1997 [Hauptwerk]; ders., Der Fußball, in: ders., Short Cuts, Frankfurt am Main 2000, 88-90 [zuerst: FAZ 4.7.1990]; Oliver Jahraus u.a. (Hg.), Luhmann-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart, Weimar 2012 [Hintergründe und Erläuterungen der Luhmannschen Theorie mit vollständigem Schriftenverzeichnis].