Kommentar |
Die Kulturtechnik der Messung ist ein entscheidendes Scharnier: Dinge, Individuen und zuweilen sogar Werte können so in Zahlen oder Einheiten verwandelt werden. Was aber ist die Voraussetzung dieser Transposition? Welche Verfahren mussten gelernt, welche Systeme installiert und welche Instrumente geschaffen werden? Im Seminar werden wir uns zunächst über den aktuellen Stand der Kulturtechnikforschung informieren. Im Anschluss wird das zentrale kulturwissenschaftliche Methodenangebot exemplarisch im Bereich ökonomischer Quantifizierung verfolgt. Die Geschichte der Metrisierung ist keine glückliche: Die Meridianvermessung, aus der der Meter in der Französischen Revolution gewonnen werden sollte, musste unter bürgerkriegsähnlichen Zuständen durchgeführt werden – wenig überraschend, dass sich Vermessungsfehler einstellten. Die Herstellung und Verbreitung neuer Standardmaße verschlang Unmengen an Metall. Dennoch scheiterte das Egalitätsversprechen gleicher Maße und Gewichte, das der Dritte Stand in den „Cahiers de Doléances“ noch selbst artikuliert hatte. James D. Scott sieht in den standardisierten Verfahren denn auch in erster Linie das Signum gelungener Zentralverwaltung und hält die homogenisierten Erscheinungsformen, beispielsweise in der Forstwirtschaft, für die Handschrift der Regierung: ein Fall des „Seing like a State“. Eine medienkulturwissenschaftliche Analyse der Quantifizierung und ihrer konkreten Praktiken führt immer wieder in die Bereiche der politischen Ökonomie. Der Kurs beginnt erst am 28.5.2015 und findet wöchentlich in Doppelsitzungen statt.
EINFÜHRUNG
A Revision des Kulturtechnikbegriffes (Abgrenzung Medienkulturwissenschaft, Handwerksgeschichte, Infrastrukturbegriff)
B Beispiele: Bild, Schrift, Zahl, Wissenschaftliche Messung bei Helmholtz, Präzisionsmessungen
ZÄHLEN und QUANTIFIZIERUNG
A Porter: Trust in Numbers
B Quantification Latour / Espeland, Carruthers "Doppelte Buchhaltung"
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