Inhalt
Kommentar |
Zwar geraten einige Unterschiede zwischen New Materialism und dialektischem Materialismus (in Form des begrifflichen Instrumentariums wie auch der philosophischen Tradition) verstärkt ins Blickfeld der Forschung. Eine gravierende Differenz wird jedoch kaum beachtet: die unterschiedliche Bewertung des Humanismus. War der Begriff des Humanismus für Materialist*innen traditionell auch mit der Hoffnung auf eine Befreiung von Herrschaft verbunden, gilt dem New Materialism Humanismus als antiquiert und Befreiung als ein Mantra. In eine bessere Welt soll stattdessen die Einsicht in die Abhängigkeit der Subjekte von der Materie führen. Dieser Forschungslücke nimmt sich das interdisziplinäre Projekttutorium an: Wie kommt es ideengeschichtlich zur materialistischen Absage an den Humanismus? Was kritisiert der posthumanistische Materialismus am dialektischen Materialismus? Was bedeutet Posthumanismus? Hat der Posthumanismus allein utopisches Potential? Oder taugt er auch zur Gegenwartsdiagnose? Wie sieht die gesellschaftliche Situation aus, in der er die Absage an den Humanismus formuliert? Was kann feministische Gesellschaftskritik und Bewegung mit dem Posthumanismus des New Materialism anfangen? Zur Beantwortung dieser und weiterer Fragen wird das Projekttutorium im ersten Semester die Form eines Lektürekurses annehmen, der einen Bogen von der historischen Humanismusdebatte (bei Heidegger, Adorno, Althusser und Schmidt) über den poststrukturalistischen Antihumanismus (bei Foucault und Derrida) spannen wird um im zweiten Semester den Posthumanismus des New Materialism zu situieren. |
Literatur |
Derrida, Jaques (1999): Finis hominis. In: Randgänge der Philosophie. Passagen Verlag. S. 133-158. Garbrecht, Oliver (1999): Rationalitätskritik der Moderne – Adorno und Heidegger. Herbert Utz Verlag. Heidegger, Martin (2000): Über den Humanismus. Klostermann. Schmidt, Alfred (1981): Kritische Theorie. Humanismus. Aufklärung. Reclam. |
Bemerkung |
Studierende aller Fachrichtungen und Semester sind willkommen. Obwohl ein Besuch der vorhergehenden Veranstaltung ("Materialistische Kritik an der Diskurstheorie") keine Voraussetzung ist, ist das Seminar auch kein Einführungskurs. Die Bereitschaft sich selbstständig mit voraussetzungsvollen Texten zu beschäftigen, ist obligatorisch. |