Kommentar |
Der Phaidon ist einer der bekanntesten und theoretisch bedeutungsvollsten Dialoge Platons. Er ist als Bericht über die Gespräche gemeint, die Sokrates an seinem letzten Lebenstag vor seiner Hinrichtung mit seinen Freunden und Schülern führte. Der Phaidon stellt deshalb die letzte Episode in der Dialogreihe über Sokrates´ Prozess und Tod vor, zu der auch der Euthyphro, die Apologie, und der Crito gehören. In dieser Dialogreihe hat der Phaidon einen ganz besonderen Platz, denn er fokussiert nicht auf ethikbezogene Themen, sondern ist als systematische Betrachtung vieler Kernaspekte der platonischen Metaphysik, Seelenlehre und Erkenntnistheorie konzipiert. Aus diesem Grund kann der Phaidon zur Gruppe der mittleren Werke gezählt werden. Dieser Dialog, der bei den antiken Kommentatoren unter dem Titel „Über die Seele“ bekannt war, legt einige Hauptargumente zur Verteidigung der These der Unsterblichkeit der Seele dar. Aber im Rahmen von und in Verbindung mit einer systematischen Darstellung seiner Ansichten über die Unsterblichkeit der Seele bringt Plato auch andere wesentliche metaphysische und erkenntnistheoretische Themen zur Sprache, wie die Auffassung des Wissens als Erinnerung, das Verhältnis der Seele zum Körper, die Begründung einer Ursachenlehre und die Gesetze und Voraussetzungen der wissenschaftlichen Erklärung. Aber vor allem stellt der Phaidon den Dialog dar, in dem Plato seine Ideenlehre wahrscheinlich zum ersten Mal vorstellt, während er ein Porträt unvergleichbarer Intensität von Sokrates in den letzten Stunden seiner Lebenszeit malt. In dieser Übung werden wir ausgewählte Passagen dieser platonischen Schrift zusammen lesen und deren bedeutungsvollste philosophische, sprachliche, stilistische und rhetorische Aspekte in Betracht ziehen und zur Diskussion bringen. Textausgabe: Plato, Phaedo. ed. John BURTNET, Oxford: Clarendon 1911. Übersetzungen: PLATON, Phaidon, griech.-dt., übersetzt und herausgegeben von Barbara ZEHNPFENNIG, 2. Auflage Hamburg 2008; PLATON, Drei große Dialoge. Phaidon. Das Gastmahl. Phaidros. Einleitung, Übersetzung und Kommentar von Arthur HÜBSCHER, München 2002; PLATON, Phaidon. Übersetzung und Kommentar von Theodor EBERT, Göttingen 2004. Kommentare: D. FREDE, Platons Phaidon, Werkinterpretation, Darmstadt 1999; D. BOSTOCK, Plato’s Phaedo, Oxford 1986; T. MENKHAUS, Eidos, Psyche und Unsterblichkeit. Ein Kommentar zu Platons Phaidon, Frankfurt/ London 2003. |