In Gewalträumen erweisen sich Kinder als Miterfinder*innen einer Menschheit der Sensibilität. Ihre „Erfindsamkeit“ (Nietzsche) artikuliert sich in Beziehungsformen, die den Charakter unzerreißbarer Geschwisterlichkeit annehmen, und in kulturellen Praktiken, die von der Gabe und dem Teilen dürftiger Güter bestimmt sind. Unter Bedingungen zerstörter Kindheit geht ihre Erfindsamkeit eine Verbindung mit einer vitalen Widerstandskraft ein, die punktuell aus der Nacht der Gewalt herausführt. Das gilt für die „Spiele inmitten des Schattens“, die Georg Eisen untersucht hat. Es gilt für die Bildgeschichte der Shoah überlebender Kinder, die Marie Paneth zu sehen gegeben hat, und für die anarchische Güte der Kinder aus dem Ghetto Theresienstadt, die Anna Freud in ihre Obhut genommen hat. In diesen und weiteren Fallgeschichten from the children’s point of view treten Kinder sowohl in ihrer verletzten Subjektivität als auch in ihren je eigenen Subjektivierungsformen in Erscheinung. Sie erschüttern unsere infantilisierende Vorstellung von Kindheit und verlangen nach neuen hyper-demokratischen Institutionen. Dafür steht die Kinderrepublik von Janusz Korczak Pate. Die aus der Résistance hervorgegangene institutionelle Psychotherapie und Anti-Psychiatriebewegung schaffte neue demokratische Institutionen egalitärer Teilhabe und durchlässige Räume für verletzte Subjektivitäten. Die in der Vorlesung entfalteten Fallgeschichten und Kinderperspektiven bilden einen kritischen Stachel für ein Denken der „kommenden Demokratie“ (Derrida) mit Kindern.
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