Ich frage mich, schreibt der bulgarische Gegenwartsautor Georgi Gospodinov in seinem Natürlichen Roman (Priroden Roman, 1999), wie uns wohl die Pflanzen beschreiben würden, was für eine Klassifikation würden sie uns geben. Im Seminar werden wir uns mit Pflanzenpoetiken in den Gegenwartsliteraturen Ost- und Mitteleuropas befassen und poetische Möglichkeiten eines Unterwanderns des Anthropozentrismus aufzeigen. Im ersten Teil des Seminars werden wir aktuelle Ansätze aus dem Bereich der kultur- und literaturwissenschaftlichen Pflanzenforschung und der Ökokritik kennenlernen und ein Begriffsinstrumentarium erarbeiten. Darüber hinaus werden uns die Denkfiguren des Vegetabilen und die botanische Metaphorik (Bodenlosigkeit, Dickicht, Pfropfung, Rhizome, Überwucherung, Verflechtung) in den neueren Kultur- und Literaturtheorien interessieren. Anhand von Textbeispielen aus den bulgarischen, polnischen, slowakischen, tschechischen und ungarischen Gegenwartsliteraturen werden wir im zweiten Teil des Seminars literarische Darstellungen und Imaginationen des Vegetabilen (z.B. bei A. Bolavá, Z. Danyi, G. Gospodinov, M. Haugová, O. Tokarczuk u.a.) untersuchen und die gattungspoetischen Dimensionen des Schreibens von der Natur („nature writing“) und von den Pflanzen erforschen. Unsere Lektüren und Diskussion werden dabei um folgende Themenkomplexe kreisen: Lebendiges vs. Nicht-Lebendiges, „agency“ des Vegetabilen, (gestörte) Idyllen, Eskapismus und Protest.
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