Kommentar |
Obwohl die Ästhetik, seit 1750 der Name einer eigenen philosophischen Disziplin, in ihren Anfängen zunächst um die Bestimmung des Schönen bemüht ist, geraten die Grenzen des Schönen bereits früh mit in den Blick, und Theorien loten aus, inwieweit auch Apartes, das den Reiz des Ebenmäßigen, Gefälligen nicht für sich gelten machen kann, intensive Empfindungen und affektive Reflexe auszulösen vermag. Das Spektrum dessen, was im Kontext solcher Erwägungen als ‚hässlich‘ in Betracht kommt, ist breit und reicht vom Schrecklich-Schaurigen und Erhabenen über das Groteske, Ekelhafte bis hin zum Kitschigen, zum ‚Camp‘, zum Stil- und Geschmacklosen. Auch wenn die damit verbundenen ästhetischen Urteile keineswegs per se auf Verurteilungen hinauslaufen, ist den Wahrnehmungen, die sie begründen, doch zwangsläufig eine Perspektive des ‚Otherings‘ eingeschrieben. So erklärt sich das Interesse, das in den letzten Jahrzehnten gerade weibliche Theoretikerinnen dem Hässlichen als Stigma des Fremden, Verworfenen und Verhassten entgegengebracht haben. In der gemeinsamen Beschäftigung mit Theorieklassikern (Edmund Burke, Gotthold Ephraim Lessing, Karl Rosenkranz, Michail Bachtin) sowie mit prominenten Positionen von Philosophinnen und Künstlerinnen aus jüngerer Zeit (Julia Kristeva, Susan Sontag, Silvia Bovenschen, Sianne Ngai, Moshtari Hilal) werden wir uns deshalb nicht nur mit den philosophischen Hintergründen und Kriterien für die Auf- und Abwertung von Hässlichem auseinandersetzen müssen, sondern auch diskutieren, wo die Theorien in der Wahl ihrer Beispiele privaten (Über-)Empfindlichkeiten und wo verbreiteten kulturellen Ressentiments folgen, denen sie Legitimität verschaffen. Semesterbegleitende Seminarleistungen: regelmäßige und aktive Teilnahme; Übernahme eines Hintergrundpapiers zur Sitzungsvorbereitung.
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