Bereits um 1800 sind sowohl Rezeption als auch Produktion von Literatur Tätigkeiten, die immer auch Aushandlung von Geschlechterrollen bedeuten. Denn Literatur ist immer ‚gemacht‘, also künstlerisch hergestellt, und dadurch ein spezifisch geeigneter Ort, um Zuschreibungen von Geschlecht zu beobachten: Welche Codes, welche Zeichen werden in der oder über die Literatur geschlechterdifferentiell oder -fluide zugeordnet? Welche Vorstellungen werden so durch Literatur bedient oder allererst erzeugt? Wie unterscheiden sich solche Vorstellungen historisch, aber auch je zeitgenössisch in Klassik und Romantik? Daher beobachten wir in diesem SE die Wechselbeziehungen zwischen der Literatur einer Zeit und den zeitgenössischen Diskursen und konzentrieren uns dabei auf die literarischen Vorstellungen, also Imaginationen und Figurationen von Geschlecht. In den ästhetischen Debatten um 1800, in denen es um Kunstautonomie und Autorschaft geht, spielt die Frage des Geschlechts – oft verdeckt – eine zentrale Rolle und wird zu Variablen des ästhetischen Diskurses, wobei ‚Autorschaft‘ und der damit zusammenhängende Status oft genuin ‚männlich‘ konnotiert sind. „Schreibende Frauen“ biegen in Klassik und Romantik allerdings ein in den „langen Weg zur Mündigkeit“ (Becker-Cantarino), den wir in seinen Verzweigungen und auf verschiedensten Ebenen durch Zeitschriften, Gedichte, Briefe, Editionen, Dramen, Romane und Novellen verfolgen werden.Die Studienleistung besteht in der regelmäßigen Teilnahme und Mitarbeit im Seminar und der Übernahme einer AG.
zur Einführung: Inge Stephan: Inszenierte Weiblichkeit. Codierung der Geschlechter in der Literatur des 18. Jahrhunderts. Köln 2004.
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