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Wer Arbeit auf Erwerbsarbeit beschränkt, verliert – wie die geschlechtersoziologische Arbeitsforschung und u.a. die Social Reproduction Theory hervorhebt – eine ganze Reihe an gesellschaftlich notwendigen, weiblich konnotierten und auch rassifizierten Tätigkeiten der sozialen Reproduktion aus dem Blick. Gleiches gilt für die Funktionen dieser Tätigkeiten für die kapitalistische Vergesellschaftung. Wie im Laufe des Seminars deutlich wird, hat diese Grundannahme feministischer Arbeitsforschung aus den 1970er Jahren bis heute nicht an Brisanz verloren.In dem Seminar beschäftigen wir uns zunächst mit den Grundlagen des Arbeitsbegriffs, was uns u.a zum Verhältnis von Arbeit und Liebe führen wird. In einem weiteren Schritt stehen Geschlechterverhältnisse und u.a. die doppelte und widersprüchliche Vergesellschaftung der Genusgruppe „Frauen“ im Zentrum. Wir betrachten weiter verschiedene Arbeitsfelder (Hausarbeit, Sorgearbeit, Erwerbsarbeit) und verschiedene gesellschaftliche Ebenen, die für Arbeit relevant sind (Wohlfahrtsstaat, Arbeitsorganisationen, Familie).Aufbauend auf diesen Grundlagen setzen wir uns mit ausgewählten neueren Arbeitsbegriffen auseinander, in denen das frühe feministische Plädoyer einer Erweiterung des Arbeitsbegriffs aufgegriffen und anhand verschiedener Felder ausgearbeitet wird. Wir diskutieren zum Beispiel die Gefühlsarbeit von Stewardessen, die affektive Arbeit von Hausarbeiterinnen und die ‚body care‘-Arbeit von Leihmüttern oder fassen Gebären als Arbeit. Schließlich diskutieren wir, ob auch z.B. das Gesundheitshandeln von chronisch Erkrankten oder das Normalisierungshandeln von LGBTQ+-Familien als „Arbeit“ gefasst werden kann. Abschließend ziehen wir ein Resümee: Wofür sind diese Arbeitsbegriffe hilfreich? Wo gerät der Arbeitsbegriff aber womöglich an seine Grenzen?
Wimbauer, Christine und Mona Motakef (2020): Prekäre Arbeit, prekäre Liebe. Über Anerkennung und unsichere Lebensverhältnisse. Frankfurt/New York: Cam¬pus. https://www.campus.de/e-books/wissenschaft/soziologie/prekaere_arbeit_prekaere_liebe-16170.html
Carstensen, Tanja/Klein, Isabel (2020): Unsichtbare Arbeit: Geschlechtersoziologische Perspektiven auf Verfestigungen und Neuverhandlungen von Ungleichheiten am Beispiel von Digitalisierung, körpernahen Dienstleistungen und der Corona-Pandemie. In: AIS-Studien, 13(2), 61-77. https://doi.org/10.21241/ssoar.70988
Duden, Barbara; Gisela Bock (1977): Arbeit aus Liebe – Liebe als Arbeit: zur Entstehung der Hausarbeit im Kapitalismus. In: Frauen und Wissenschaft. Beiträge zur Berliner Sommeruniversität für Frauen Juli 1976, Berlin: S. 118-155.
Krebs, Angelika (2002): Arbeit und Liebe. Die philosophischen Grundlagen sozialer Gerechtigkeit. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Hochschild, Arlie (2006): Das gekaufte Herz. Die Kommerzialisierung der Gefühle. Frankfurt a.M./ New York: Campus.
Teschlade, Julia, Mona Motakef und Christine Wimbauer (2023): Discrimination and normalization as an effortful social practice: An analysis of LGBTQ+ families in Germany. In: Sexualities, Online First. Open Access
M3 + M5 + M8: PO, MU
Die Veranstaltung wurde 3 mal im Vorlesungsverzeichnis WiSe 2024/25 gefunden: