In diesem Seminar wollen wir die Komplexitäten der Identitätsformationen in ihrem Zusammenwirken anhand von kontemporärer Lyrik sowie intermedialen Kunstwerke mit textuellen Elementen anschauen. Wir stellen uns die Frage, inwiefern die gesellschaftliche Positionierung (biographische sowie politische) sich auf die Poetiken und künstlerische Methoden der mehrfach marginalisierten Kulturschaffenden auswirkt. In einer Kombination von Grundlagentexten der Geschlechterforschung und antirassistischen Literatur wie Audre Lorde, Jose Esteban Munoz und Gloria Anzaldua und aktuellen Texten über Anderssein, Ausgeschlossensein oder Gleichzeitigkeit von Aus- und Einschlüssen werden wir über gesellschaftliche Macht- und Ungleichheitsverhältnisse sprechen. Insbesondere interessieren uns Mehrfachpositionierungen, Grenzfälle, Uneindeutigkeiten und Kommodifizierung von Anderssein, Versuche der gesellschaftlich marginalisierten Autor_innen jenseits der Quotierungen zu agieren und mit Identitätspolitiken kreativ umzugehen. In den Gender Studies lernen wir schnell, dass Sprache performativ ist und die Macht hat, gesellschaftliche Ungleichheitsverhältnisse mitzustrukturieren und aufrechtzuerhalten. In der literarischen Sprache liegt eine unglaubliche politische Kraft, Diskriminierungen zu benennen, bloßzustellen und zu dekonstruieren. Wie genau dies geschieht, mit welcher Vulnerabilität und Selbstvermarktung mehrfach positionierte Kulturschaffende umgehen müssen und wie sich Diskriminierungen und Privilegien auf literarische Texte auswirken, soll in diesem Seminar diskutiert werden. Dieses Seminar stellt Autor_innen des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts in den Mittelpunkt, die zu gesellschaftlich marginalisierten Gruppen im globalen Norden/Westen gehören, und nicht zu den literarischen Kanons zählen. Mit den Erkenntnissen der (queer-)feministischen, post- und dekolonialen Theorien und der kritischen Migrationsforschung werden wir uns den Werken annähern. Wir werden gemeinsam analysieren, wie individuelle Diskriminierungserfahrungen und gesellschaftliche systematische Ausschlüsse poetisch aufgefasst und unterwandert werden. Das Besondere an diesem Seminar ist, dass wir als zwei Schreibende gemeinsam mit den Studierenden auch die Entstehungsgeschichten unserer eigenen autoethnographisch positionierten Texte offenlegen werden und in Form einer kreativen Schreibwerkstatt zum Schreiben jenseits klassischer wissenschaftlicher Formen inspirieren.
Diskussionen sind auf Deutsch und Englisch möglich.
Die Veranstaltung wurde 3 mal im Vorlesungsverzeichnis WiSe 2024/25 gefunden: