Symbolismus, Akmeismus, mystischer Anarchismus, Kubismus, Konstruktivismus: So viele -ismen wie nie zuvor prägten das ausgehende 19. und das erste Drittel des 20. Jahrhunderts.
Das „Silberne Zeitalter“ mit Dichtern wie Anna Achmatowa, Andrej Bely oder Komponisten wie Alexander Skrjabin und Sergej Prokofjew spiegelte die gesellschaftliche Dynamik und die Ambitionen, die europäische Moderne künstlerisch maßgeblich mitzuprägen, wider. Reibung an der autokratischen Verfasstheit Russlands und neue Visionen für das Vielvölkerimperium trieben Maler, Musiker und Schriftsteller ebenso um wie die das russische Geistesleben von jeher dominierende Frage, wie Russland sich selbst verorten könne.
Die Revolution von 1905 beschleunigte den Ehrgeiz der Künstler, ästhetische Antworten für die Zukunft Russlands zu finden, den gesellschaftlichen und politischen Umbruch voranzutreiben. Die Avantgarde orientierte sich nicht mehr am Imperium, vielmehr forderte sie ein Weltkünstlertum ein: Sie wollte selbst zum Demiurgen der Macht werden.
Die Revolution von 1917 und die Machtübernahme der Bolschewiki schien Künstlern wie Kasimir Malewitsch, Michail Rodtschenko, Maxim Gorki oder Dmitri Schostakowitsch darin zu bestärken, am Aufbau einer neuen politischen Ordnung aktiv mitzuwirken. Stalins Machtantritt sollte diesen Ambitionen ein Ende setzen.
In der Übung wollen wir die historischen und ästhetischen Hintergründe kennenlernen, Literatur, Malerei, Architektur und Musik dieser Epoche zwischen 1890 und 1932 analysieren und gemeinsam Innovationen und Umbrüche interpretieren. Macht und Kunst, das Verhältnis von Mächtigen und Künstlern: Das ist das Thema der Übung. |