Kommentar |
Kausalität ist kein Spezialthema der Wissenschaftstheorie der Naturwissenschaften, das man in anderen Gebieten der Philosophie auf sich beruhen lassen könnte. Viele Phänomene wären ohne ihren kausalen Aspekt nicht verständlich, entsprechend gibt es in der Philosophie kausale Theorien der Wahrnehmung, des Wissens, der Bedeutung, der Handlung, der Erinnerung. Im Alltag und in etlichen Einzelwissenschaften spielen kausale Erklärungen eine zentrale Rolle. Jede:r von uns fällt täglich eine Unzahl von expliziten und impliziten Kausalurteilen.
In der Philosophie der Kausalität werden u.a. die folgenden Fragen behandelt: Was für Arten von Gegenständen können überhaupt Ursachen und Wirkungen voneinander sein? Ist Kausalität etwas in der Welt oder etwas Geistabhängiges? Wie verhält sich Kausalität zu Naturgesetzen? Machen Ursachen ihre Wirkungen notwendig? Was unterscheidet Ursachen von Randbedingungen? Gibt es Kausalketten oder ist diese Vorstellung naiv? Ist das Kausalprinzip („Jedes Ereignis hat eine Ursache“) eine Bedingung der Möglichkeit von Erfahrung? Wie verhält sich das Kausalprinzip zum Determinismus? Ist die Körperwelt kausal geschlossen? Gibt es verschiedene Arten von Kausalität? Können auch Akteure im Wortsinn etwas verursachen?
Abhängig von den Antworten auf diese Fragen ergeben sich Folgeprobleme, zum Beispiel: Ist in einer Welt, in der alle Ereignisse physische Ursachen haben, Freiheit eine Illusion? Gibt es mentale Verursachung? Wie verhalten sich Ursachen und Gründe zueinander?
In der Vorlesung werden neben diesen Fragen die wichtigsten Kausalitätstheorien behandelt (Regularitätstheorie, kontrafaktische Theorie, Transfertheorie, Interventionismus, Theorien kausaler Kräfte und Vermögen), außerdem die klassischen Kausalitätsauffassungen von Aristoteles, Hume, Mill und Kant. Einen kleineren Schwerpunkt wird die Rolle der Kausalität in den Humanwissenschaften bilden, insbesondere in der Geschichtswissenschaft und im Recht. |