Kommentar |
Im aktuellen politischem Diskurs werden die Begriffe „Lumières“ bzw. „Enlightenement“ oder „Aufklärung“ oft auf ein normatives kohärentes Projekt reduziert. Ein Paradebeispiel hierfür ist der mit Daten und Statistik bespickte Bestseller: Steven Pinker Enlightenment now. The case for Reason, Science, Humanism, and Progress (2018). In dieser notwendigen Auseinandersetzung wird die Philosophie der Aufklärung zu einer Doktrin und verliert hierüber ihre Historizität, ihre Nuancen, aber vor allem ihre selbstreflexiven und skeptischen Tendenzen.
Im Seminar betrachten wir die Literatur des 18. Jahrhunderts weniger als eine Doktrin, sondern als ein lebendiges und wichtiges, aber auch heterogenes, dialogisches und manchmal sogar widersprüchliches Erbe. Anhand einer Textauswahl möchte ich einen chronologischen Überblick über die französische Literatur des 18. Jahrhunderts mit ihren unterschiedlichen Kontexten geben und auch ihre vielfältigen Formen anschaulich machen. Wir werden verschiedenen Gattungen der französischen Aufklärung begegnen: von der Reisebeschreibung und dem Briefroman bis hin zum philosophischen Essay, zur Tragödie, Komödie, zum Aufsatz für die Enzyklopädie, zur Poesie, zur Geschichtsschreibung, aber auch zu einer Abhandlung über Pädagogik, zu fiktiven Dialogen und zu einer Gattung, die für die Epoche neu ist: der Autobiographie.
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