Spätmoderne Gesellschaften stehen vor gewaltigen Veränderungen, die sich voraussichtlich nach einer Logik der Anpassung entfalten werden. Statt klima- und umweltbezogene ‚Externalitäten‘ als vernachlässigbare Nebenprodukte wünschenswerten Fortschritts weitgehend ignorieren zu können, müssen Gesellschaften nun immer mehr Ressourcen für die Stabilisierung von Klima und Ökosystemen aufbringen und zudem auf zunehmend katastrophische Risiken reagieren. Dabei entfalten adaptive Gesellschaften eigene soziale Spaltungslinien – etwa zwischen den Beschäftigten schmutziger Industrien, die als Teil des Problems gelten und jenen grünen Zukunftsjobs, die Teil der Lösung sein sollen. Letztere projizieren eine Wirtschafts- und Lebensweise, die nicht nur verspricht, das ökologische Gewissen der Einzelnen zu beruhigen, sondern die als Großerzählung eines grünen Kapitalismus auch politische Legitimität für die erzwungene Transformation spätmoderner Gesellschaften stiften soll. Doch gelingt diese Kombination aus individuellem Sinnangebot und legitimitätsstiftender Großerzählung eigentlich?
Dieser Frage widmen wir uns im Anschluss an die Tradition soziologischer Gesellschaftsbildforschung. Wir führen qualitative Interviews mit Beschäftigten grüner Industrien und fragen: Wie sehen die Avantgarden des grünen Kapitalismus die Welt und ihren eigenen Platz in ihr? Wie beeinflusst dies ihr Handeln? Welche gesellschaftlichen Effekte sind hiervon zu erwarten? Handelt es sich um eine soziale Gruppe im Sinne geteilter Werte, Ziele und Zwecke? Wer sind ihre Feinde? Welche Politik gilt ihr als legitim? Und nicht zuletzt: Welche Kritik der Gesellschaft formulieren diejenigen, die der Gesellschaft heute als kritisch für ihr eigenes Fortbestehen gelten?
Im zweiten Teil des Projektseminars werden wir uns der empirischen Forschung widmen. Dabei stehen die Durchführung und Auswertung der Interviews sowie das Verfassen des Forschungsberichts im Mittelpunkt. |