Kommentar |
Stünden uns Xenophons "Erinnerungen" nicht zur Verfügung und wären wir allein auf die Dialoge Platons angewiesen, so wäre unser Bild des Menschen Sokrates beträchtlich ärmer und weniger lebendig. Xenophon zeigt uns den großen Philosophen im alltäglichen Umgang mit Mitbürgern aller Stände, Bildungsschichten und Berufe; manches, was er berichtet, geht auf sein persönliches Erleben zurück. Die Lebendigkeit und die im Vergleich zu Platon scheinbar theoretische Anspruchslosigkeit des Sokrates-Bildes, das Xenophon schafft, soll aber nicht in die Irre führen, denn Xenophon wirkt in den Memorabilia definitiv anders als ein bloßer Berichterstatter vom Alltagsleben des Sokrates; vielmehr stellen seine „Erinnerungen an Sokrates“ einen ernstzunehmenden Versuch dar, ein eigenständiges Sokratesbild zu entwerfen.
Im Kurs werden wir ausgewählte Stellen dieses extrem faszinierenden Werkes Xenophons in Betracht ziehen und der grundsätzlichen Frage nachgehen, ob Xenophon’s Sokrates-Bild uns dabei helfen kann, nicht nur ein tieferes Verständnis von Sokrates als Mensch zu gewinnen, sondern auch das sokratische Ideal von Philosophie als Lebenshaltung und lebensgestaltende Tätigkeit nachzuvollziehen.
Eine vollständige Literaturliste wird am Anfang des Seminars zur Verfügung gestellt. |