Gruppe 1: Balkan und Balkanismus im 19. und 20. Jahrhundert
An den Begriff „Balkan“ knüpfen sich meist negative Assoziationen: Bilder von Gewalt, Krieg und Zerstörung lösen sich mit Vorstellungen von Despotie, Korruption und Vetternwirtschaft ab. Insbesondere die Jugoslawienkriege trugen dazu bei, diese seit dem 19. Jahrhundert geläufigen Balkanbilder wieder heraufzubeschwören und das negativ besetzte Image der Region weiter zu prägen. Zugleich beförderten die 1990er Jahre durch die Filme von Emir Kusturica und die von Goran Bregović vermarktete Musik auch eine „Balkanromantik“, in der sich Bilder und Melodien von Ursprünglichkeit und Vitalität, Leidenschaftlichkeit bis hin zum Exzess zu Verkaufsschlagern in Westeuropa und Übersee entwickelten. All diese Zuschreibungen reihen sich in eine Tradition westeuropäischer Balkandiskurse ein, die die Region als Übergangsraum zwischen Orient und Okzident konstruierten. Das Proseminar bietet eine Einführung in die moderne Geschichte Südosteuropas und aktuelle Forschungsdebatten zu dieser Region. Anhand einschlägiger Forschungsliteratur und ausgewählter Quellen sollen dabei geschichtswissenschaftliche Arbeitstechniken weiter gefestigt werden.
Gruppe 2: Der Dreißigjährige Krieg: Ereignisse, Zusammenhänge, Erfahrungen
Der Dreißigährige Krieg ist der größte und längste frühneuzeitliche Krieg. Die Ereignisgeschichte ist relativ komplex, die vielfältigen Deutungen reichen vom Religions- zum Staatsbildungkrieg. Wir wollen im Seminar anhand ausgewählter Quellen und Forschungsbeiträge den Krieg als Ausgangspunkt nutzen, um exemplarisch Einblicke in ganz unterschiedliche Zusammenhänge zu bekommen, z.B.: Warum wurde überhaupt Krieg geführt? Wie funktionierte frühneuzeitliches Militär? Wie erlebten die Menschen den Krieg? Welche Rolle spielte die Öffentlichkeit, welche Rolle spielte Religion? Wie kam es zum Frieden?
Gruppe 3: Die friedliche Revolution und ihre Vorgeschichte: Die DDR in den 1980er Jahren
Viele Ereignisse im letzten Jahrzehnt der DDR werden im Rückblick als Vorboten der friedlichen Revolution von 1989 interpretiert. Zeitgenossen in Ost und West nahmen diese Zeit hingegen vielfach als Phase der Stagnation bzw. der Stabilität war. Das Seminar befasst sich im ersten Teil mit der Geschichte der DDR in den 1980er Jahre und thematisiert dabei Entwicklungen auf politischem, gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Gebiet. Im zweiten Teil geht es um die Ereignisse des Jahres 1989, die im Herbst in die friedliche Revolution mündeten. Mit den Wahlen im März 1990 fand diese Revolution einen vorläufigen Abschluss.
Gruppe 4: Geschichte der Autonomie in Russland: Territoriale Ansprüche, Aushandlung und Herrschaft
Russland war stets eine Kolonialmacht. Von der Herrschaft Iwans IV. (des „Schrecklichen“) über Peter I., Katharina II. bis hin zu Stalin und Putin war das riesige Reich ohne ständige Expansion und koloniale Ansprüche kaum vorstellbar. Stets waren aber auch unterschiedlichste Formen territorialer Autonomie Teil dieser Herrschaft. Das Seminar widmet sich daher der Frage, wieviel Autonomie das Moskauer und Petersburger Zentrum in Theorie und Praxis zuließen bzw. hinnehmen mussten. Wie wurde Autonomie ausgehandelt und umgesetzt? Wie veränderte sie sich im Laufe der Zeit, und wie unterschied sie sich von Fall zu Fall?
Indem es regionale und nationale Autonomien in Russland von der frühen Neuzeit bis in die Gegenwart untersucht, bietet das Seminar einen historischen Überblick über wichtige Kontinuitäten und Brüche. Für die Zarenzeit werden Fallbeispiele vom ukrainischen Hetmanat über das Großfürstentum Finnland bis zur Autonomiebewegung in der Staatsduma Anfang des 20. Jh. diskutiert werden; für die sowjetische Ära wird das Augenmerk auf den Möglichkeiten und Grenzen der nationalen Autonomie der Teilrepubliken liegen. Abschließend wird die Entwicklung territorialer Selbstständigkeit in der Russischen Föderation vergleichend betrachtet.
Hierzu wird das Seminar eine Vielzahl von visuellen und gedruckten Quellen zu Rate ziehen (neben Schriften und Dekreten des Zentrums auch Druckerzeugnisse regionaler und nationaler Provenienz wie Presseartikel und Memoiren sowie bildliche Darstellungen, Fotos und Filmmaterial).
Gruppe 5: Von Versailles 1919 bis zur Westerplatte 1939: Frankreich, Deutschland und Polen in der Zwischenkriegszeit
Das Proseminar untersucht nach Schwerpunktthemen Deutschland und seine größten Nachbarstaaten Frankreich und Polen vom Ende des Ersten bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs. Behandelt werden politische Systeme, Parlamentarismus, autoritäre Herrschaft und Diktatur, Frauen und das Wahlrecht, Soziales und Wirtschaft, nationale und religiöse Gruppen und das Militär im Vergleich. |