Gruppe 1: Reform und Revolution. Russland im 19. und frühen 20. Jahrhundert
Nach der Niederlage im Krimkrieg, der gelegentlich als eigentlicher Erster Weltkrieg beschrieben wird, war der zarischen Führung 1856 klar, dass umfassende Reformen nicht mehr aufgeschoben werden konnten. So wurden unter Zar Alexander II. die größten Reformen des 19. Jahrhunderts eingeleitet. Die Ära steht aber auch für die Eruptionen, die sich im Zuge dessen im russischen Imperium Bahn brachen. In dem Kurs werden wir uns mit dem Phänomen der Stagnation, der Leibeigenschaft und ihrer Aufhebung beschäftigen, uns aber auch dem revolutionären Untergrund widmen, der etwa Dostojewski zu einigen seiner großen Romane inspirierte. Schließlich werden wir gemeinsam auf das Jahr 1917 und die Oktoberrevolution blicken, die die Zarenherrschaft beendete.
Neben der inhaltlichen Arbeit vermittelt der Kurs Grundlagen des geschichtswissenschaftlichen Studiums: Dazu gehören die Recherche und das ordentliche Zitieren, das Auffinden von und das Arbeiten mit historischen Quellen, das Entwickeln von Fragestellungen und Thesen und schließlich das Verfassen wissenschaftlicher Texte.
Gruppe 2: Das Deutsche Kaiserreich als Kolonialmacht
Selten war die koloniale Vergangenheit präsenter als in diesen Zeiten. Die Debatten um die Raubkunst in den Beständen von Museen zeugen davon ebenso wie die heiß diskutierte Frage, wie angemessen mit dem Massenmord an den Nama und Herero umzugehen sei. Der Einführungskurs befasst sich mit dem Deutschen Kaiserreich als Kolonialmacht und beleuchtet unterschiedliche Dimensionen ̶ von der Herrschaftsdurchsetzung und Ausbeutung bis zu Kontroversen um nationale Zugehörigkeiten und Eheschließungen. Dabei blicken wir nicht nur in die Ferne, sondern fragen auch danach, inwiefern Erfahrungen und Konflikte in den Kolonialgebieten auf die Gesellschaft im Kaiserreich zurückwirkten.
Der Kurs führt zudem in Grundlagen der Geschichtswissenschaften ein. Dies umfasst spezifische Techniken, wie etwa die Recherche und das Zitieren wissenschaftlicher Literatur, ebenso wie die Diskussion von tragenden Säulen unseres Fachs, etwa die Frage nach der Bedeutung von Quellen für die historische Arbeit.
Gruppe 3: „Time is money" – Arbeit & Zeit in früher Neuzeit und Moderne
Sei es der Kampf der Arbeiterbewegung für den Achtstundentag, der Streik als temporäre Arbeitsniederlegung im Ringen um höhere Löhne, oder die inzwischen verstärkt geführten Diskussionen ums Home-Office und die Flexibilisierung der Arbeit – das Thema ‚Zeit' stand und steht im Zentrum der Auseinandersetzungen um die Organisation der Arbeit.
Während sich in der Moderne ein System konstanter Stunden etablierte, treffen wir in der Geschichte auf eine Vielzahl unterschiedlicher Konzeptionen von Zeit. Im Einführungskurs werden wir hierbei die enge Verbindung der verschiedenen Zeitvorstellungen zur jeweiligen sozialen Bestimmung der Arbeit nachverfolgen. Wir erkunden die Bandbreite der Zeitregime von Stadt, Land, Kirche und Händlern in der frühen Neuzeit und fragen schließlich nach den gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen sich ein System gleichförmiger Zeit im industriellen Zeitalter durchsetzen konnte. Außerdem wenden wir den Blick auf außereuropäische Räume und die Zeitvorstellungen indigener Gruppen, sowie auf die globale Homogenisierung der Zeit und ihre Kontrolle in kolonialen Kontexten.
Neben der inhaltlichen Beschäftigung vermittelt der Einführungskurs Grundlagen geschichtswissenschaftlichen Arbeitens. Neben verschiedenen methodischen Zugängen betrifft dies insbesondere den Umgang mit Forschungsliteratur und Quellen. Besonderes Augenmerk liegt auf der historischen Argumentation und dem Entwickeln von Fragestellungen.
Gruppe 4: Ernährung in der Moderne
Ernährung stellt in den Geschichtswissenschaften ein überaus dynamisches Forschungsfeld dar – das mag nicht überraschen, lassen sich doch anhand von Essgewohnheiten und Nahrungsmitteln eine Vielzahl von gesellschaftlich relevanten Lebensbereichen in historischer Perspektive untersuchen. Der Kurs führt in die Grundlagen und Arbeitstechniken der Geschichtswissenschaften anhand des Themenkomplexes „Ernährung in der Moderne“ ein. Dabei werden exemplarisch methodische Fragen, Ansätze und Konzepte historischen Arbeitens vorgestellt und diskutiert. Ziel ist die Einführung in die neuere europäische Geschichte und das Studium der Geschichtswissenschaften.
Gruppe 5: Nation und Nationalismus in der Moderne
Nationalismen und Nationalstaaten kommt aktuell wieder eine größere Bedeutung zu. Der Einführungskurs historisiert diese Phänomene und zeichnet ihre vielfältigen Ausprägungen und Entwicklungen in der Moderne nach. Ein Fokus liegt dabei auf Inklusions- und Exklusionsmechanismen.
Neben den inhaltlichen Schwerpunkten vermittelt der Kurs Grundlagen des geschichtswissenschaftlichen Arbeitens. Dazu gehören das Arbeiten mit historischen Quellen, wissenschaftliche Texte recherchieren, lesen und verstehen, das Entwickeln wissenschaftlicher Fragestellungen. Wir erarbeiten Schritt für Schritt die Grundlagen zum Verfassen einer geschichtswissenschaftlichen Hausarbeit.
Gruppe 6: Industrialisierung und sozialer Wandel in Deutschland (digital)
Dieser Einführungskurs untersucht die Beziehung von Industrialisierung und sozialem Wandel in Deutschland. Wir blicken auf die Herausbildung einer modernen Industriegesellschaft und den Zusammenhang von neuen Wirtschafts- und Arbeitsformen (Gewerkschaften, Sozialdemokratie) sowie die Migrations- und Frauenbewegungen der Zeit. Zeitlich spannen wir einen Bogen vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg. Der Kurs führt in das Geschichtsstudium und speziell in die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte ein.
Der Kurs findet eher synchron statt
Gruppe 7: Medienwandel und Politik im 19. Jahrhundert
Dass der Wandel von Politik und der von Medien irgendwie zusammenhängen, gehört wahrscheinlich zu den am häufigsten aufgerufenen Denkfiguren unserer Gegenwart: Social Media verursachen die „Spaltung von Gesellschaften“, der amerikanische Präsident kommunizierte auf neuen Wegen mit seinen „followern“, die Beschreibung von Realitäten gelingt nur noch entlang von neuen Grenzlinien der Identitäts- und Blasenzugehörigkeit – und so weiter, und so fort.
Doch der Zusammenhang von Kommunikations-Settings und Politik ist viel älter. Wie kommen Gemeinschaften zu verbindlichen Entscheidungen, die für alle gelten? Wie wird darüber entschieden, was überhaupt für so wichtig erachtet wird, dass es dazu einer Debatte oder einer Entscheidung bedarf? Das lange 19. Jahrhundert stellt in diesem Zusammenhang die faszinierendste Epoche der modernen Geschichte dar. Im Seminar wollen wir danach fragen, wie sich zwischen Amerikanischer und Französischer Revolution und dem Ersten Weltkrieg die Möglichkeiten und die Praktiken politischen Handelns veränderten und welche Vorstellungen von Politik dabei entstanden. Im Seminar werden wir entlang dieser Perspektive die wichtigsten Wegmarken und Forschungsdiskussionen der
Politik- und Mediengeschichte vor allem zum transatlantischen Raum im 19. Jahrhunderts kennenlernen und diskutieren.
Voraussetzung ist die Bereitschaft zur intensiven Lektüre und zur Auseinandersetzung mit der umfangreichen Literatur.
Gruppe 8: Sklaverei in der Neuzeit
Aktuellen Berechnungen zufolge erreichten zwischen 1514 und 1866 mehr als 10 Millionen Afrikanerinnen und Afrikaner die europäischen Kolonien in Nord- und Südamerika sowie der Karibik. Menschen aus dem subsaharischen Afrika bildeten damit die größte, aber nicht die einzige Gruppe von Versklavten in dieser Zeit. Aufgrund von Kriegen und Piratenüberfällen im Mittelmeerraum, Südost- und Ostmitteleuropa fanden sich zahlreiche Versklavte aus dem Osmanischen Reich in europäischen Nachbarländern, während umgekehrt eine ganz beachtliche Zahl von Bewohnern dieser Länder als Gefangene und Sklaven in den osmanischen Territorien in Europa, Kleinasien, dem Nahen Osten und Nordafrika diente. Diese Form der Unfreiheit spielte deshalb bis weit ins 19. Jahrhundert hinein eine wichtige Rolle. Sie prägte Handel und Wirtschaft, Politik und Kultur und brachte rassistische Vorstellungen hervor, die bis heute nachwirken.
Durch die Beschäftigung mit verschiedenen Aspekten der Geschichte von Sklaverei in der Neuzeit erlernen Sie in diesem Einführungskurs die Grundlagen des historischen Arbeitens. Dabei üben Sie den Umgang mit Forschungsliteratur, lernen verschiedene methodische Zugänge kennen und erwerben erste Erfahrungen in der Arbeit mit Primärquellen. Zudem üben Sie das schreiben wissenschaftlicher Texte, denn zentraler Bestandteil des Kurses ist eine etwa zehnseitige Seminararbeit, die Sie auf das Schreiben von Hausarbeiten am Institut für Geschichtswissenschaften vorbereitet.
Die Bereitschaft zur intensiven Arbeit mit englischsprachiger Forschungsliteratur und Primärquellen ist Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss dieses Einführungskurses.
Gruppe 9 / 10: Staatsgrenzen und Territorialität in Europa 1914-1991
Diese zwei voneinander unabhängigen Einführungskurse beschäftigt sich mit der Zeit in der Geschichte Europas, in der die Staatsgrenzen innerhalb Europas am schwierigsten zu passieren waren: Dem Zeitraum vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis zum Zusammenbruch der kommunistischen Staaten Osteuropas. Anhand der Analyse von Grenzen und Staaten werden große Konfliktlinien im Europa des 20. Jahrhunderts behandelt, hier mit einem Schwerpunkt auf Osteuropa, weil hier die meisten Veränderungen stattfanden.
Gruppe 11: Immun? Medizin Macht Gesellschaft 1850–heute
Immunität ist mehr als eine Frage medizinischen und technologischen Fortschritts. Der Erfolg (und Misserfolg) von Impfprogrammen ist wesentlich eine Angelegenheit der politischen Gemeinschaft. Impfungen beinhalten ein Versprechen auf Normalität und Sicherheit, sie sind Ausdruck gesellschaftlichen Zusammenhalts ebenso wie gesellschaftlicher Brüche, an ihnen kristallisieren sich ethische und moralische Fragen und sie werfen ein Schlaglicht auf das Verhältnis von Wissenschaft und Öffentlichkeit.
Das Seminar widmet sich der Geschichte der Immunität als einer Geschichte der Wissenschaften vom Menschen und den Bedingungen seines Zusammenlebens. Beleuchtet werden die vielfältigen sozialen und ökonomischen, geschlechterpolitischen, ethnischen und global- und kolonialgeschichtlichen Implikationen der Immunisierung von der Einführung der Pockenimpfflicht im 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Im Blick auf die Schnittstelle von Wissenschaft und Gesellschaft bietet das Seminar eine Einführung in die Grundlagen der Wissenschaftsgeschichte sowie des geschichtswissenschaftlichen Arbeitens. Die Bereitschaft zur Lektüre englischsprachiger Fachliteratur wird vorausgesetzt. |