Kommentar |
Platon ist als ein harter Kritiker der Dichtung bekannt. In seinen politischen Schriften beschuldigt er die Dichtung nicht nur, die Seele mit Scheinbildern zu verzaubern statt zur Wahrheit zu führen, sondern wirft ihr auch einen negativen Einfluss auf die moralische Entwicklung von Kindern vor. Die Dichter bevorzugten die Darstellung vielgestaltiger und wechselhafter Charaktere, die kein Vorbild für tugendhaftes Handeln sein können. Die Dichtung könne daher nur dann einen Platz in einen gut regierten Staat haben, wenn sie sich der Philosophie im Hinblick auf Ethik und Wahrheit unterordne.
Der neuplatonische Philosoph Proklos hingegen betrachtet die Dichtung Homers und Hesiods als inspirierte Dichtung, das heißt als Dichtung, die eine göttliche Wahrheit offenbart. Im Kontext der neuplatonischen Vorstellung, dass das höchste Ziel des Menschen ein Wiederaufstieg der Seele zum Göttlichen sei, biete die Dichtung einen alternativen oder die Philosophie ergänzenden Weg, auf dem sich die Seele dem Göttlichen annähern kann.
In diesem Kurs wollen wir zunächst Ausschnitte aus den platonischen Ion, der Politeia (Der Staat) und den Nomoi (Die Gesetze) lesen und uns anschließend Ausschnitten aus Proclus A Commentary on Plato’s Republic zuwenden. Dabei sollen die folgenden Fragen im Fokus stehen: Wie beurteilen die beiden Philosophen das Verhältnis von Dichtung, Philosophie und Wahrheit? In welcher Beziehung stehen Dichtung und Philosophie zum Guten, und wie wirkt sich dies auf ihre Rolle in der Erziehung aus? Wie fassen die beiden Philosophen das ideale Verhältnis von Dichtung und Philosophie? |
Bemerkung |
Zum digitalen Format des Seminars:
Das Seminar wird als Online-Seminar ohne Präsenztermine stattfinden. Von Woche zur Woche sollen für die Teilnahmenachweise kurze, schriftliche Arbeiten eingereicht werden, für die Sie zeitnah Feedback bekommen. Mehrmals im Semester werden montags von 10:00 bis 12.00 ergänzend Zoom-Meetings angeboten, um zentrale Fragen zu diskutieren. |