Kommentar |
Ästhetische Wettkämpfe sind in diversen populären Musikformen produktives Moment und strategisches Mittel der Publikumsaffizierung. Sei es in Form von Reimduellen im Calypso, in Grime-Video-Battles oder unter brasilianischen Repentistas, in Form von klanglichem Übertrumpfen wie in Cutting Contests im Jazz und bei mittlerweile weltweit abgehaltenen Sound Clashs zwischen verschiedenen Reggae/Dancehall-Soundsystems, oder aber als tänzerischer Wettstreit, z.B. in Kuduro, Passinho oder Breakdance. Viele der o.g. Musikkulturen sind Teil des Black Atlantic (Gilroy), wo mehr oder weniger konventionalisierte ästhetische Duelle oft prägendes Stilmittel sind. Hier konstituieren körperlich-performative Praktiken ein grundlegendes Element der musikalischen Bedeutungsproduktion. In diesem Sinne (und Gilroy folgend) umfasst der Musikbegriff in diesem Seminar Musik als performative Praxis. Folglich greifen wir musikalische Performance über den Klang hinaus als sprachliche und körperlich-performative Praxis. In den Analysen verschiedener Formen ästhetischen Duellierens im populärer Musik beziehen wir sowohl Tanz, Körperhaltung, Positionierung des Körpers, die Formen seiner Bedeckung und Entblößung als auch Interaktionen zwischen Klang, Sprache und Körperbewegung mit ein. Durch theoretische Lektüre und kollektive Reflexion audiovisuellen Materials erarbeiten wir uns im ersten Seminarteil eine Basis für studentische Präsentationen, die wir im zweiten Seminarteil gemeinsam reflektieren. Unter dem Blickwinkel des ästhetischen Duellierens erarbeiten wir uns so einerseits Performance-theoretische Zugänge und andererseits ein breites musikalisches Repertoirewissen. Grundlegende Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens werden sukzessive im Laufe des Seminars eingeführt und reflektiert. |
Literatur |
Ausgewählte Literatur:
- Buss, C. (1996), “Vom Boasting-Blues zum Angeber-Rap. Zur Tradition und Aktualität eines verbalen Rituals in der afroamerikanischen Musik”, in Rösing, H. (Ed.), Mainstream Underground Avantgarde: Rockmusik und Publikumsverhalten, Vol. 18, Karben, pp. 36–46.
- Moorman, M.J. (2008), Intonations: A social history of music and nation in Luanda, Angola, from 1945 to recent times, New African histories series, Ohio University Press, Athens, Ohio.
- Pabon, J. F. (2011), “Physical Graffiti. The history of hip hop dance”, in Forman, M. and Neal, M.A. (Eds.), That's the joint!: The hip-hop studies reader, 2. ed, Routledge, New York, pp. 56–62.
- Sokol, M. (2004), “Verbal Duelling. Ein universeller Sprachspiel-Typus und seine Metamorphosen im US-amerikanischen, französischen und deutschen Rap”, in Kimminich, E. (Ed.), Rap: More than Words, Welt-Körper-Sprache: Perspektiven kultureller Wahrnehmungs- und Darstellungsformen, Vol. 4, Peter Lang, Frankfurt am Main, pp. 114–160.
- Stolzoff, N.C. (2000), Wake the town & tell the people: Dancehall culture in Jamaica, Duke University Press, Durham, N.C.
- Wald, E. (2012), The dozens: A history of rap's mama, Oxford University Press, New York.
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