Kommentar |
Die moderne Schule und das moderne Bildungssystem haben sich in den letzten zwei Jahrhunderten als weltweit alternativlose Form der institutionalisierten Wissensvermittlung und der Massenqualifizierung und -disziplinierung etabliert. In diesem Sinne wurden sie vielfach als „Universalie“ bzw. als Teil einer „Weltkultur“ charakterisiert. Den Fragen nach den unterschiedlichen Durchsetzungspfaden dieser modernen Institutionen, der Prägekraft ihrer verschiedenen Entstehungsgeschichten und den daraus entstandenen Variationen werden diese generalisierenden Aussagen kaum gerecht. Das Seminar thematisiert die Entstehung des modernen Bildungssystems in einem kulturell spezifischen Kontext: der hispanischen Welt, insbesondere Lateinamerika. Bestehend aus der kolonial bedingten Sprachgemeinschaft der lateinamerikanischen Länder und Spanien/Portugal, entstand in der hispanischen Welt das moderne Bildungssystem in einem distinkten Spannungsdreieck von Politik, Gesellschaft und Kultur. Die Traditionen des Katholizismus, des Liberalismus, der volksnahen Pädagogik und der Reformbewegungen des 20. Jahrhunderts entwickelten in dieser Welt spezifische Formen im Bildungssystem. Das Seminar wird die Entstehung moderner Institutionen seit dem 16. Jahrhundert, ihre Durchsetzung in den amerikanischen Besitzungen, ihre Reform seit dem 18. Jahrhundert und ihre Verknüpfung in einem System moderner Prägung im 19. und 20. Jahrhundert thematisieren. Darüber hinaus werden Strukturprobleme und aktuelle Entwicklungen in die Lektüre und die Diskussion einbezogen. Englische Lesekenntnisse sind nötig.
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