Kommentar |
Die von Bruno Latour, Michel Callon, Madeleine Akrich und anderen begründete Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) wird in den Sozialwissenschaften gegenwärtig breit rezipiert, da sie eine neue Perspektive auf das Soziale wirft. Insbesondere in der Wissenschafts- und Techniksoziologie hat die ANT in den letzten Jahren an Relevanz gewonnen. Sie versteht sich allerdings nicht als eine weitere ›Bindestrich-Soziologie‹, sondern erhebt den Anspruch, eine allgemeine Theorie des Sozialen zu liefern, die mit einigen zentralen Grundannahmen der ›klassischen‹ soziologischen Theoriebildung bricht. Sie macht sich dabei für eine Neudefinition des Sozialen als heterogene Versammlung von menschlichen und nicht-menschlichen Elementen stark und weitet damit das übliche Verständnis des Sozialen auf Dinge und andere Beteiligte aus. Diesen Ansatz wollen wir uns im Seminar erschließen, ihn kritisch diskutieren und seine methodologischen und forschungspraktischen Aspekte beleuchten. Bekannt geworden ist die ANT nicht zuletzt für ihre eingehenden Analysen alltäglicher Dinge (Türschließer, Fahrbahnschwelle) und weniger alltäglicher Technologien (U-Bahn- System „Aramis“) und ihres Handlungspotentials. Wir werden uns im Seminar sowohl mit theoretischen Texten als auch mit konkreten Fallstudien auseinandersetzen und dabei unterschiedliche Themen behandeln, wie z.B. den Status des Materiellen in der Soziologie oder Latours Perspektive auf die Moderne. |
Literatur |
Andrea Belliger/ David J. Krieger (Hg.): ANThology. Ein einführendes Handbuch zur Akteur-Netzwerk-Theorie, Bielefeld 2006; Lars Gertenbach, Henning Laux: Zur Aktualität von Bruno Latour. Einführung in sein Werk, Wiesbaden 2018; Georg Kneer u.a. (Hg.): Bruno Latours Kollektive. Kontroversen zur Entgrenzung des Sozialen, Frankfurt a. M. 2008. |