Kommentar |
Gegenstand dieses Kurses ist eine der Biographien, die Plutarch im Rahmen seines Bíoi parálleloi-Projektes verfasste, nämlich die Biographie des berühmten und kontroversen athenischen Staatsmannes Alkibiades. Dieses Werk ist zumindest aus zwei Gründen einer näheren Betrachtung wert: Zum einen lässt es den Leser die Ziele der biographischen Schriftstellerei Plutarchs begreifen. Denn Plutarch sah sich selbst als Biograph, keineswegs als Historiker, und grenzte seine biographische Arbeit deutlich von der Geschichtsschreibung ab. Es kam Plutarch vor allem darauf an, den Charakter der Personen, ihre Tugenden und Fehler deutlich werden zu lassen. Als Biograph verfolgte er bestimmte Absichten: Er wollte das Lesepublikum unterhalten, die moralische Qualität der dargestellten Person verdeutlichen und zugleich den Römern und Griechen die Kultur des jeweils anderen Volkes vermitteln. Dabei trat der Anspruch auf chronologische und geographische Richtigkeit in den Hintergrund. Plutarch wählte sein Material danach aus, dass ein profiliertes Persönlichkeitsbild entstehen sollte, denn die moralische Zielsetzung hat in seinen Biographien immer absolute Priorität. Zum anderen bietet dieses Werk ein sehr lebendiges Bild einer Persönlichkeit, wie der des Alkibiades, die nicht nur eine wesentliche Rolle im peloponnesischen Krieg und dann im Zerfall und Niedergang der athenischen Demokratie spielte, sondern auch philosophiegeschichtlich relevante symbolische Bedeutungen einnahm, indem er von Platon und anderen Quellen als der Lieblingsschüler und Geliebte von Sokrates dargestellt wird – ein Schüler aber, der dem philosophischen Lebensideal des Sokrates nicht treu geblieben ist.
Im Kurs werden wir ausgewählte Textstellen übersetzen und aus unterschiedlichen Blickwinkeln kommentieren.
Literatur: Plutarchi vitae parallelae. Band 1 Fasc. 2, hrsg. Konrat Ziegler, Hans Gärtner, Teubner, (Stuttgart)/Leipzig 1994; Konrat Ziegler, Fünf Doppelbiographien. 2, Gaius Marcius und Alkibiades u.a., Berlin: Tusculum Ausgabe 1994; Timothy E. Duff: Plutarch’s Lives. Exploring Virtue and Vice. Oxford University Press, Oxford 1999; Judith Mossman (Hrsg.): Plutarch and his Intellectual World. Essays on Plutarch, London 1997. |