Kommentar |
Mit dem Begriff der Alchemie werden noch immer vorrangig Aberglauben, Hexerei und Okkultismus verbunden: Das Labor zwielichtiger Alchemisten, dubiose Versuche zur Herstellung von Gold oder die mystische Suche nach dem Stein der Weisen – dies sind Vorstellungen, die wohl allen gut bekannt sind. Weniger bekannt ist, dass Alchemie handwerkliche als auch spekulative Anteile umfasste, wodurch sie im Mittelalter eine Mittelstellung im Wissenschaftssystem der Artes einnahm. Neben technisch-metallurgischen Kenntnissen, der Färbekunst, Heilkunde und Astronomie vereinte sie ebenso Kenntnisse der ägyptischen Mysterien-Tradition wie der griechischen Philosophie und stellte ab dem 12. Jh. für die abendländische Rezeption als „ars nova“ einen neuen Weg der Naturerkenntnis dar. Dies belegt nicht nur eine rege einsetzende Überlieferung und Übersetzung alchemischer Texte aus dem Arabischen ins Lateinische und dann Deutsche, sondern auch die frühe Aufnahme alchemischen Wissens in literarische Texte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Im SE wollen wir Formen und Formulierungen alchemischen Wissens nachgehen, nach spezifischen Darstellungsweisen, literarischen Mustern (wie Verrätselung, Biographie und Bild) und Textsorten fragen, und hierzu Beispiele aus (alchemischer) Fachliteratur, höfischem Roman und Spruchdichtung vom Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit untersuchen. |