Kommentar |
Napoleon Bonaparte wird die Aussage zugeschrieben, die Geografie eines Landes zu kennen bedeute, seine Außenpolitik zu kennen. Diese These bringt den Kern geopolitischen Denkens auf den Punkt. Über die zentrale Annahme einer raumorientierten Außenpolitik hinaus erreichte die geopolitische Denktradition jedoch nie den Status einer einheitlichen wissenschaftlichen Theorie. Gleichwohl kann dem an geopolitischen Kategorien orientierten Handeln seit jeher und auch aktuell große Bedeutung beigemessen werden. Vor dem Hintergrund der Territorialkonflikte in der Ukraine, dem Nahen und Mittleren Osten sowie dem Ost- und Südchinesischen Meer wurde daher behauptet, dass es sich hierbei um Begleiterscheinungen einer „Geopolitik 2.0“ handle. In diesem Lektüreseminar erschließen wir uns zunächst die ideengeschichtlichen Vorläufer geopolitischen Denkens und überprüfen sie auf ihren möglichen politiktheoretischen Ertrag. Daran anschließend betrachten wir Konzeptualisierungen aus der Zeit nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes, um schließlich zu diskutieren, inwiefern aktuelle Regionalkonflikte als Formen und Folgen von Geopolitik verstanden werden können. |