Die deliberative Demokratie ist der aktuell wohl meist diskutierte demokratietheoretische Ansatz. Das deliberative Modell legt einen kritischen Fokus auf die Art und Weise, wie politische Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse gestaltet sind. Es betrachtet zwar Mehrheitsentscheide, Wahlen und Repräsentationsverhältnisse als wichtige Instrumente demokratischer Systeme, aber keineswegs als ausreichend für die Legitimation politischer Herrschaft. Hinzukommen muss demnach ein zentrales kommunikatives Element: Mittels eines egalitären Diskurses soll sichergestellt werden, dass alle Bürger_innen eines politischen Gemeinwesens die Chance haben, an der politischen Willensbildung teilzuhaben und aus autonomen Gründen spezifische allgemeinverbindliche Entscheidungen zu befürworten oder in Frage zu stellen.
Das Modell der deliberativen Demokratie hat in den letzten Jahren enthusiastische Befürworter von partizipativen demokratischen Innovationen für sich gewonnen, aber auch kritische Einwände hervorgerufen, die die theoretischen Erwartungen vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Machtverhältnisse in Frage stellen. Darüber hinaus hat es eine wachsende empirische Forschung inspiriert, die Ausgangsbedingungen, Formen und Wirkungen von Deliberation untersuchen und damit die theoretischen Annahmen überprüfen will.
Das Seminar widmet sich der deliberativen Demokratie, um eine kritische Bestandsaufnahme sowohl der theoretischen Debatte als auch der empirischen Forschung zu erarbeiten. Dabei sollen in einem ersten Schritt die wichtigsten theoretischen Annahmen der deliberativen Demokratie und kritischen Einwände gegen das Modell rekonstruiert und diskutiert werden. Im zweiten Schritt sollen vor diesem Hintergrund einschlägige empirische Untersuchungen genau unter die Lupe genommen und evaluiert werden. In einem dritten Schritt sollen die Seminarteilnehmer_innen diese Diskussionen anwenden und zur forschungspraktischen Übung kleinere Forschungsdesigns zur Untersuchung deliberativer Fragestellungen entwickeln.
Damit dient das Seminar insgesamt neben der Erarbeitung seines spezifischen Gegenstands der Einübung in die Verbindung von Theorie und empirischer Forschung, die auch für andere Forschungsfelder nutzbar gemacht werden kann. |