Kommentar |
Die weit bis in die Zeitungsfeuilletons ausgetragene Diskussion um das am 6. August 2016 in Kraft getretene neue Kulturgutschutzgesetz (KGSG) war von einer für Gesetzesinitiativen ungewohnten Emotionalität gekennzeichnet. Das KGSG soll den Abwanderungsschutz stärken und der Bekämpfung des weltweiten illegalen Handels mit Kulturgut dienen. Dabei vereint das Gesetz – ohne einen zwingenden inneren Konnex – Fragen der Rückgabe von illegal verbrachtem Kulturgut und des Abwanderungsschutzes. Während weitgehend Einigkeit herrscht über die Notwendigkeit, gegen den illegalen Handel mit Kulturgut verstärkt vorzugehen und unrechtmäßig eingeführte Kulturgüter an die Herkunftsländer zurückzugeben, verstummt bis heute die bereits im Gesetzgebungsverfahren geäußerte deutliche Kritik seitens des Kunsthandels an den Vorschriften des Abwanderungsschutzes und den neu geregelten Sorgfaltspflichten nicht. In manchen Gebieten, wie etwa dem Handel mit Antiken oder hochpreisigen Spitzenwerken der Klassischen Moderne, führen die neuen Vorgaben praktisch zu einem Erliegen des Kunsthandels in Deutschland.
Auch ein Jahr nach dem Inkrafttreten bleiben die vom Gesetz eingeschlagenen Wege problematisch und grundsätzliche Fragen ungelöst. Dies sind nur beispielhaft aber nicht abschließend die Frage der Beweislast im Rahmen der Stichtagsregelungen des § 32 KGSG, die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang die bisherige Rechtsprechung zum KultgSchG 1955 auf das KGSG übertragbar ist, bis hin zu grundsätzlichen Fragen des Datenschutzes oder der Verfassungsmäßigkeit einzelner Neuregelungen.
Die wissenschaftliche Diskussion um das KGSG steht noch am Anfang. Die bisher veröffentlichte juristische Literatur ist überschaubar. Rechtsprechung zum KGSG liegt erst vereinzelt vor.
Daher haben wir bewusst das Format des Forschungskolloquiums gewählt. Anders als in klassischen Seminaren werden die Studierenden die Themenstellungen und Fragen für ihre Vorträge und Essays in enger Abstimmung gemeinsam und mit den Lehrenden entwickeln. Im Sinne einer prozessualen Arbeitsweise als „work in progress“ werden sie den Stand ihrer Forschungsergebnisse auf den Sitzungen vorstellen und Fragen und Lösungsvorschläge in der gemeinsamen Diskussion schärfen, um dann mit diesen Erkenntnissen weiterzuarbeiten bis zur nächsten Sitzung.
Das Forschungskolloquium richtet sich an fortgeschrittene Studierende und Forscher mit einem Interesse an kulturpolitischen und kunstrechtlichen Fragestellungen. Ziel des Kolloquiums ist es, Problemfälle bei der Anwendung des KGSG zu identifizieren und praxistaugliche Lösungsansätze zu entwickeln. Gerade jetzt, wo es zu vielen Punkten noch keine oder eine uneinheitliche Anwendungspraxis gibt, und einige Probleme erst noch zu identifizieren sind, bietet das KGSG Forschern ein breites, hoch aktuelles Themenfeld mit viel Gestaltungsspielraum. |
Literatur |
BKM, Das Kulturgutschutzgesetz – Handreichung für die Praxis, 2017 (kostenfrei über BKM zu beziehen oder online auf www.bundesregierung.de) Elmenhorst/Heimann, Die Neuregelungen des Kulturgutschutzrechts. Überblick über die Grundstrukturen des KGSG, NJW 2015, 3398 Elmenhorst/Wiese, KGSG, Kommentar, 2018 (erscheint voraus. Januar 2018) Fechner, Quo vadis Kulturgüterschutz?, JZ 2014, 237 Strobl, Sorgfaltspflichten im KGSG: Herausforderungen für die Praxis, NJOZ 2017, 810 Strobl, Die Bedeutung des neuen KGSG für Handel und Museen, DS 2016, 101 Sturm, Aspekte der Novellierung des Kulturgutschutzes aus Sicht des Kunsthandels und der Sammler, KUR 2016, 73 von Cube, Ist das Kunst oder kann das weg?, NJW 2017, 787 Eine ausführliche Literaturliste wird zu Beginn der Vorlesungszeit online bereitgestellt. |