Kurzkommentar |
„Das Mittelmeer“, heißt es in Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipp des II. von Fernand Braudel, sei eine „komplexe, sperrige, außergewöhnliche Persönlichkeit“. Mit dieser epochemachenden Schrift aus dem Jahr 1949 setzt der französische Historiker erstmals das Meer ins Zentrum der historischen Analyse und entfaltet eine longue durée des Mittelmeeres: Sie untersucht langlebige geographische Räume (Küsten, Berge, Wüsten), veränderbare soziale Strukturen (Ökonomien, Staaten, Gesellschaften) und Ereignisse (Kämpfe, Kriege). Das Seminar widmet sich Braudels Werk. Zugleich werden literarische Texte zum Mittelmeer der (jüngsten) Gegenwart gelesen, z. B. von Shoumona Sinha, Müge İplikçi, Ghayath Almadhoun, José Saramago oder Wolfgang Bauer. Das Mittelmeer ist dabei nicht selten durch Flucht und Tod gezeichnet.
Das Seminar begreift das Mittelmeer als einen Raum der Verflechtung und Begegnung sowie der Grenzziehung. Methodologisch fragt es dabei nicht nur nach dem Verhältnis von historisch-wissenschaftlichem und literarisch-fiktionalem Wissen, sondern erarbeitet auch theoretische Perspektiven des Meeres (z. B. von Gilles Deleuze).
Literatur:
Fernand Braudel (1998) [1949]: Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II. Bd. 1–3, Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag
David Abulafia (2013): Das Mittelmeer. Eine Biografie. Frankfurt a. M.: Fischer Verlag
Hannah Baader, Gerhard Wolf (Hg.) (2010): Das Meer, der Tausch und die Grenzen der Repräsentation. Zürich/Berlin: Diaphanes |