Kommentar |
Nachdem Ende der großen Erzählungen, dem Ausrufen einer Post-Moderne galten für einige Zeit Modelle der Kritik des gesellschaftlichen Bewusstseins als eines von ideologischen Verkennungen der Wirklichkeit gekennzeichneten als ausgesprochen démodé. Mittlerweile haben einige Theoretiker wie bspw. Alain Badiou oder Slavoj Zizek darauf hingewiesen, dass es dadurch zu einer pathogenen Verdrängung und Aussetzung des Politischen im emphatischen Sinne kommt. Um sich zu besinnen, was die Grundlagen dieses Politischen waren, empfiehlt es sich, systematisch auf Marx' Schriften zurückzugehen und sich im nächsten Schritt deren bedeutsamster Modernisierung zuzuwenden, die inmitten der 1960er Jahren in Frankreich vor dem Hintergrund der Lacanschen Reformulierung der Psychoanalyse erfolgte. Zu diesem Zweck wird die jetzt (2015!) erstmals vollständig vorliegende Übersetzung von Lire le Capital gelesen. Althusser fungiert hier als Herausgeber und Beiträger neben bspw. Étienne Balibar und Jacques Rancière, also Theoretikern, die in den letzten beiden Jahrzehnten erst ihre Bedeutsamkeit entfalteten. Von Marx zu Althusser führt der Weg mithin in die Gegenwart und damit auf die Fragen, ob die Ideologiekritik noch etwas bedeuten kann, welche Modifikationen ggf. erforderlich sind und was das für die Literaturwissenschaft bedeutet. |