| Kommentar |
Die Stadt London ist ein Ort der Diversität, der Komplexität, der Schichtungen und Mischungen. Seit Jahrhunderten prallen an der Themse gesellschaftliche Kulturen und individuelle Sehnsüchte in einer immensen Krassheit aufeinander. Als Mittelpunkt des Empires war die Stadt Epizentrum der Weltmachtträume der britischen Elite, aber zugleich Austragungsort der massiven Verwerfungen und Konflikte, die an den Peripherien des kolonialen Großreiches entstanden. Diese wirkten zugleich auf drastische Weise ins Eizentrum der Macht ein – und tun dies letztlich bis heute. Diese daraus sich ergebenden Spannungen sind zu jeder Zeit spürbar. Und sie erzeugen eine Ambivalenz: Die Metropole London ist Kristallisationspunkt einer global getriebenen Hypermoderne. Genau dadurch aber wird sie auch zum Inbegriff eines eigentlich inhumanen „Waste Land“ (TS Elliot), dem stets auch eine unheimliche Qualität innewohnt. Diese permanente innere Ambivalenz schlägt sich kulturell in sehr unterschiedlichen Disziplinen wieder: In Rezeptionen der Stadt, wie sie in Literatur und Film, in Kunst und Theorie erfolgen. Aber auch in der aktiven Weiterentwicklung der Stadt selbst – durch Architektur, Urbanistik und Stadtpolitik. Das Seminar will dem Charakter der Stadt nachgehen, wie er sich in Bildern und Narrationen Londons widerspiegelt, aber auch in der realen Stadt fortsetzt: In institutioneller Planung und Gestaltung der Stadt, die jedoch zugleich in ungesteuerten, chaotischen, politisch konfliktbeladenen urbanen Entwicklungen aufgenommen wird. Wir wollen dazu Quellen heranziehen, die die skizzierten Entwicklungen auf unterschiedlichen Ebenen aufnehmen: Wir lesen literarische Texte (etwa Arthur Conan Doyle, Virginia Woolf, JG Ballard, Zadie Smith), schauen Filme und Serien (My Beautiful Laundrette, Notting Hill, 28 Days Later, Luther, The Gentlemen, Top Boy) und behandeln virulente London-Theoretiker (Friedrich Engels, Owen Hatherley). Und wir befassen uns mit exemplarischen architektonischen und urbanistischen Entwicklungen (Barbican Center, Docklands, Gentrifizierungsprozesse rund um Whitechapel und Brick Lane). Die endgültige Zusammenstellung von Texten wird am Beginn des Semesters bekanntgegeben.
Das SE besteht aus einer Reihe wöchentlicher Einzelsitzungen, einem Blockteil (vom 7. und 8. Juli) und einer Exkursion. Die Exkursion nach London findet der ersten Woche der vorlesungsfreien statt. Studierende der Europäischen Literaturen können für die Exkursion einen finanziellen Zuschuss erhalten (vor allem Reisekosten). Laut Exkursionsordnung der HU sollen die Studierenden einen Teil der Kosten (vor allem Übernachtung) selbst tragen (die für Zuschüsse zur Verfügung stehenden Mittel sind außerdem gedeckelt). Die Teilnehmerzahl muss aufgrund der Exkursion (und der begrenzten Mittel) auf 15 eingeschränkt werden. |