Kommentar |
Die Psychoanalyse gehört zu den Dinosauriern der Literaturtheorie: Über die Konjunkturen strukturalistischer Posthermeneutik, Tod und Rückkehr des Autors, sexueller Befreiung und neobiedermeierlicher Esotereik hinweg hat sie ihre Aktualität nie verloren. Als eine der avanciertesten Theorien des modernen, von der Zivilisation beschädtigten und entfremdten Subjekts erweist sie ihre Aktualität auch heute wieder. Sigmund Freud selbst hat seine Theorie in mehreren Etappen mehrfach variiert und ihr dabei nicht nur in Form von Fallgeschichten erzählerische Elemente beigemischt, sondern vor allem auch literarische Texte gelesen und interpretiert. Literaturinterpretation war für Freud Theorieproduktion in medizinischer Absicht. Das Seminar wird in Auszügen Freuds eigene Texte im Wechsel mit den von ihm interpretierten Dramen und Erzählungen (u. a. Aischylos König Ödipus; E.T.A. Hoffmanns Sandmann, Wilhelm Jensens Gradiva, Daniel Paul Schrebers Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken) lesen. So soll einerseits Freuds Theorie in mehreren Etappen erschlossen, anderseits eine Reflexion über Methoden der Literaturinterpretation angestoßen werden. Diese LV wird synchron verlaufen.
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