Kommentar |
Das Seminar befasst sich mit der Theorie und Praxis der wissenschaftlichen Autorschaft im 21. Jahrhundert. Die Vorstellungen von Autorschaft unterliegen einem tiefgreifenden Wandel, besonders mit Blick auf veränderte Forschungskonstellationen und Kooperationsverhältnisse in der Wissenschaft, welche die Verhältnisse der Wissensproduktion bedingen. Dieser Wandel zeigt sich beispielsweise in der disziplinübergreifenden Zunahme von Ko-autorschaft und von Massenkollaborationen, wenn bspw. in der Gravitationswellen-Physik über 1000 Personen als Autoren auf einem Artikel aufgeführt werden. Zusammen mit der zunehmenden Ausdifferenzierung der Arbeitsteilung in material- und technologieintensiven Forschungsfeldern wie beispielsweise den Life Sciences entwickelt sich daraus aktuell eine Debatte darüber, wie die verschiedenen Tätigkeiten der Beteiligten in den Publikationen angemessen gewürdigt werden können. Neben der Autorschaft werden hier auch von Seiten der Fachzeitschriften, Verlage und Publikationsplattformen „Contributions“-Klassifikationen erprobt, die den spezifischen Beitrag zum Paper ausweisen sollen oder aber mit der namentlichen Nennung in der Danksagung bzw. den Acknowledgements operieren. Im Zuge der fortschreitenden Arbeitsteilung wird mitunter auch der Akt des Schreibens nicht nur innerhalb der Koautoren sehr unterschiedliche aufgeteilt, sondern in manchen Forschungsfeldern auch an professionalisierte „Scientific Writer“ delegiert, die üblicher Weise nicht als Autoren genannt sind. Letzteres steht dem klassischen Konzept der Einheit von Autor und Text diametral entgegen. Diese Entwicklung werfen vielfältige Fragen nach der Bedeutung des Schreibens in den diversen Disziplinen und Fächergruppen, nach der Handhabung und dem Umgang mit Machtverhältnissen wie Statushierarchien im Zuge der Aushandlung von Autorschaftsansprüchen, wie sie u.a. in den Schlagworten „Ghost-, Guest,- Gift-Authorships“ sowie der „Ehrenautorschaft“ diskutiert werden. |