Sehr oft ist die Rede davon, dass die Religion ihren Einfluss auf moderne Denker:innen verloren hat, als sie durch die Wissenschaft ersetzt wurde (Max Weber, Die Entzauberung der Religion). Fraglich ist, ob diese Hypothese einer historischen Untersuchung standhält. Die religiösen Texte erfuhren in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts eine Renaissance durch eine junge Generation von Leser:innen und Interpret:innen, die hierin neue Deutungszusammenhänge sahen. Ganz besonders deutlich tritt diese Beobachtung in der jüdischen Ideengeschichte hervor. Das Seminar ist daher den jüdischen Denker:innen des zwanzigsten Jahrhunderts gewidmet, die ein vergessen geglaubtes Erbe wiederzuentdecken versuchten. So werden zum Beispiel Texte der Kabbala und des Chassidismus von Martin Buber und Gershom Scholem neu interpretiert, Hermann Cohen bemüht sich um eine Versöhnung zwischen religiösem Denken und neukantianischer Philosophie, Walter Benjamin widmet sich der Idee des Messianismus, Maimonides wird von Leo Strauss aufgegriffen und Hans Jonas schreibt eine umfangreiche Studie über die religiösen Quellen der Gnosis, sowie einer Ethik der Verantwortung. Das Seminar wird sich einerseits jenen Fragen widmen, die von modernen Intellektuellen und der religiösen Tradition aufgeworfen werden. Andererseits soll die Frage nach dem Verhältnis von Religion und moderner Philosophie erörtert werden. Schließlich sollen auch die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Theorien näher untersucht werden, um zu klären, ob sie auch im einundzwanzigsten Jahrhundert noch relevant sind.
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