Kommentar |
In Der Mann ohne Eigenschaften beschreibt Musil den Wandel epistemischer, medizinischer und gesellschaftspolitischer Veränderungen in der österreichischen Gesellschaft seiner Zeit. Im Zentrum von Robert Musils Roman steht der Protagonist Ulrich, der bereits am Anfang von seinem Freund Walter als eben dieser titelgebende „Mann ohne Eigenschaften“ bezeichnet wird. Ulrich besitzt zwar eine Fülle an Eigenschaften aber die Möglichkeit ihrer Anwendung ist ihm abhanden gekommen. Alles gelingt ihm bis zu einem gewissen Grad, nichts erfüllt ihn, mit nichts stimmt er voll und ganz überein.
Die Ausmaße der Digitalisierung sind mit der industriellen und technischen Revolution des 19. Jahrhunderts vergleichbar, die dem von Musil verfassten Roman vor knapp 90 Jahren veröffentlicht, vorausgingen. Was bei Musil noch die Industrialisierung die die Arbeitskraft durch die Maschine ersetzt und bestehende Arbeitsabläufe sowie Körper automatisiert, ist es im 21. Jahrhundert die fortschreitende Digitalisierung die eine Automatisierung von Arbeit, von Erkenntnis, von Wissens und den Körpers hervorbringt. Diese datengetriebene Disziplinierung des Menschen durch die ihn vermessenden und formalisierenden Apparaturen wurde bereits vielfach in feministisch-wissenschaftskritischen Arbeiten untersucht. Die Forschungswerkstatt soll dazu dienen, diese Kritik anzuwenden und in Form einer künstlerisch/schreibenden Form, heutige Formen der Normalisierung, Kategorisierung und Standardisierung durch die Digitalisierung zu verstehen und zu skizzieren.
Um die Kontinuität, aber auch um die Unterschiede erkennen zu können, soll in der Forschungswerkstatt der Roman des in Klagenfurt geborenen Autors Robert Musils in die heutige Zeit übersetzt werden. Aufgabe der Studierenden der Forschungswerkstatt wird es sein, die Veränderungen, die die Psychologie, die Neurowissenschaften, neue (Kommunikations-)Technologien und die Digitalisierung in der Gesellschaft hervorgebracht haben, zu reflektieren und in eine aktuelle Version von Musils Der Mann ohne Eigenschaften umzusetzen (Beispiel: Der gläserne Mensch mit x Eigenschaften). Die Auseinandersetzung kann auf verschiedenste Weise erfolgen: denkbar ist eine essayistisch motivierte oder theoretische Verschriftlichung, aber auch andere Formate wie etwa die Entwicklung einer Maschine/Apparatur, eines Ausstellungs- oder Studiendesigns das die veränderten Bedingungen empirisch einfangen kann, oder Film- und Blogbeiträge, u.v.m.
Mit der Lehre im Wintersemester wird Corona-bedingt erst am 2. November 2020 begonnen, dafür endet die Vorlesungszeit in diesem WiSe erst am 27. Februar 2021.
Die Lehre wird an der TU Berlin bis auf einige Ausnahmen auch im WiSe noch einmal online stattfinden. Wie bereits im Sommersemester werden wir daher auch am ZIFG online Kurse anbieten.
Mehr Informationen hier: https://www.zifg.tu-berlin.de/menue/studieren_am_zifg/wintersemester_2020/
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Bemerkung |
Anmeldung und weitere Informationen auf ISIS:
https://isis.tu-berlin.de/enrol/index.php?id=20929
Kontakt: Hannah Fitsch
hannah.fitsch@tu-berlin.de
Start: 12.11.: online 10-12Uhr
Museumsbesuch und Kleingruppenarbeit als Präsenz.
Danach Block, Museumsbesuch und Kleingruppenarbeit als Präsenz.
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