Feministische Theoriebildung wird Ländergrenzen überschreitend auf Basis von entstehenden lokalen communities und als Gegen-Diskurse zu Abwertung und Unterdrückung von Frauen* rezipiert, weiterentwickelt und manchmal eigentümlich – oder vielleicht aus benennbaren Gründen? - verkürzt. In der Türkei wurde Simone de Beauvoir lange nur als Existenzialistin gelesen, christliche Feministinnen in (West-)Deutschland knüpften an die differenzfeministische italienische Politik des „affidamento“ an, und die transnationale kurdische Frauenbewegung reartikultiert global kursierende ökofeministische Ansätze. Ein weitgefasstes Verständnis von Theorietransfer umfasst auch Aspekte von „Frauen*“- bzw. gendergerechter Sprache sowie die Reisen des Patriarchatsbegriffs. Kategorien wie ‚Patriarchat‘ oder ‚Privatheit‘ sind indes historisch und damit immer auch kulturell-geographisch verortet; sie entfalten in lokalen Bewegungen verschiedene ‚Gebrauchswerte‘. Voraussetzung dafür, dass bestimmte theoretische Deutungen „Wurzeln schlagen“ und weiterentwickelt oder modifiziert werden, sind auch globale Ungleichheiten sowie Netzwerkbildungen innerhalb von Frauenbewegungen. Das ‚Flair der Internationalität‘ macht Theorieimport zur klingenden Münze in lokalen diskursiven Konstellationen. Was erhellen ethnographische Zugänge zu diesen Fragen? Ist ihr Platz in- oder außerhalb von „Theorie“? Hilft ein Blick in soziologische vergleichende Forschung zu Frauenbewegungen?
Findet im Rahmen des normalen Lehrprogrammes am Institut für Europäische Ethnologie statt, ÜWP Studierende können zusätzlich teilnehmen
Die Veranstaltung findet am Institut für Europäische Ethnologie, Mohrenstraße 41, Raum 212 statt.