Kommentar |
In der Zwischenkriegszeit galt – zumindest in Deutschland – die Devise: „Nach dem Krieg, ist vor dem Krieg“. Das war nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr so, auch wenn der Kalte Krieg neue Formen der politischen Feindschaft zelebrierte. Im Osten Europas, der nun geschlossen sozialistisch regiert war und unter der Führung der Sowjetunion auch kulturell einen Block repräsentieren sollte, hielten konkrete Topoi Einzug, die den Blick auf den „Großen Vaterländischen Krieg“ lenkten: Von der Verfolgung im Nationalsozialismus über antifaschistischen Widerstand, Aufstände und Partisanenkämpfe bis hin zum Sieges- bzw. Befreiungszug und der (auch kämpferischen) Sicherung des Friedens sowie der Rolle von Frau, Jugend, Militär, Nation darin.
Die Filmgeschichte, die wir in diesem interdisziplinären Seminar als Zusammenschau von DEFA-Produktionen einerseits und tschechoslowakischen, jugoslawischen, polnischen und sowjetischen Filmen andererseits beleuchten werden, steht im Zeichen dieser Diskursgeschichte, sie weist aber – besonders in der (trans-)nationalen und historischen Auffächerung – auch Themen und Problemfelder auf, die jenseits der offiziellen Losungen liegen. Dazu kommen Einzelaspekte wie Regisseur-Biographien oder weibliche Perspektiven, Genrekonventionen oder spezifische Produktionskontexte, die über den allgemeinen Wandel von der unmittelbaren stalinistischen Nachkriegszeit über die Liberalisierungsphase im Tauwetter bis hin zur neuerlichen Stagnation und spätsozialistischen Ära hinaus für eine vielfältige Kinolandschaft in Bezug auf den Zustand „nach dem Krieg“ sorgten. Auch 'im Osten' war Platz für filmische Ironie und Subtilität, für Genre- und Kultkino.
An der Schnittstelle von Filmwissenschaft, politischer Theorie und Kulturgeschichte gibt das für die Medienwissenschaft und Slawistik angebotene Seminar Einblick in die (Anti‑)Kriegsfilmgeschichte des ehemaligen 'Ostblocks' und ermöglicht durch vergleichende Analysen von Inszenierungen und Dramaturgien, Narrativen und Bildpolitiken die gemeinsame Erarbeitung der zentralen Diskurse und Gegendiskurse der bewegten Jahrzehnte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Teilnahmevoraussetzungen: aktive Mitarbeit, Übernahme von Referaten oder Diskussionsleitungen
Filme u.a. Ostatni Etap (VR Polen 1947), Lissy (DDR 1957), Krylia / Flügel (UdSSR 1966), Nackt unter Wölfen (1963), Ich war neunzehn (DDR 1968), Byl mesjac maj / Es war im Monat Mai (UdSSR 1970), Meine Stunde Null (DDR 1970), Valter brani Sarajevo (YU 1972), Idi i smotri/ Komm und sieh (UdSSR 1985), Der Aufenthalt (DDR 1983) u.a. |