„Amerikanismus“ ist als Schlagwort eine Erfindung der Weimarer Republik: ein Produkt der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg und prominente Denkfigur in einer kontrovers geführten Debatte über Fremderfahrungen mit jüngsten Modernisierungen, die Großstadtalltag, Arbeitswelt und Freizeitkultur einschneidend veränderten. An Wolkenkratzern und Fahrstühlen, Grammophonen und Telefonen, an Sport und Jazz, Fließbandarbeit und Temporekorden hängen sich in den Zwanziger und Dreißiger Jahren Zeitbeobachtungen zu einem konsumfreudigen life style auf, der Faszination wie Abwehr erzeugt. Bei aller Materialismus-Kritik traut den kulturellen Traditionen Alteuropas dabei kaum noch jemand eine große Zukunft zu. Das erklärt die intensive Text- und Bild-Arbeit am Mythos Amerika in deutschen Feuilletonessays, Reiseberichten, Sachbüchern, Zeitgeist-Magazinen, Gedichten und Romanen. Als Grundlage der Seminardiskussionen über die Topoi und kritischen Einsätze dieses Amerikanismus-Diskurses, aber auch seinen Blindstellen im Licht der gegenwärtig zu beobachtenden Selbstzerstörung der amerikanischen Demokratie kommen Texte von Henry Ford, Upton Sinclair, Bertolt Brecht, Fritz Giese, Egon Erwin Kisch, Lion Feuchtwanger, Heinrich Hauser, Maria Leitner und Gabriele Tergit in Frage.Semesterbegleitende Seminarleistungen: regelmäßige und aktive Teilnahme; Übernahme eines Hintergrundpapiers zur Sitzungsvorbereitung.
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