Anders als traditionelle soziologische Perspektiven betrachtet die Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) soziales Handeln als Geflecht von Beziehungen zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Entitäten. In den Blick der Untersuchungen sind dabei so unterschiedliche wie überraschende Objekte getreten: Texte von Michel Serres, Bruno Latour und anderen analysieren das Soziale über den Blick auf Türschließer oder Muscheln, Waldfrettchen oder Bodenwellen. Daraus ergibt sich ein völlig neuer Blick auf das Zusammenwirken von Menschen und Dingen: Agency, Handlungsmacht, entsteht erst in deren Interaktion, einfache Gegenüberstellungen von Subjekt und Objekt sind damit hinfällig. Das Verhältnis von Literatur und Akteur-Netzwerk-Theorie ist alles andere als geklärt – zugleich haben sich die Überlegungen der ANT auch für die Literaturwissenschaft als einer der innovativsten Impulse der letzten Jahre erwiesen. Dabei geraten die im Text verhandelten Verhältnisse von Menschen, Dingen und Techniken ebenso in den Blick wie die Netzwerke der Institution Literatur oder Fragen von Autorschaft; zugleich greift die ANT selbst methodisch auf literaturwissenschaftliche Verfahren zurück. Wir diskutieren im Seminar Texte zur ANT, etwa von Michel Serres und Bruno Latour, und sehen uns literaturwissenschaftliche Aneignungen dieser Entwürfe an – im Zentrum soll aber vor allem der Versuch stehen, das Potential der diskutierten Überlegungen an literarischen Texten zu erproben. Als Studienleistung ist eine mündliche Präsentation vorgesehen.
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