Die Gegenwartsliteratur thematisiert das Gericht als institutionellen Ort, an dem zentrale Konflikte verhandelt werden und weitreichende Fragen zu individueller und kollektiver Schuld und „(Un)Gerechtigkeitsgefühlen“ (Judith Shklar) im Mittelpunkt stehen. Die Themen reichen von der Kolonialgeschichte über sexuellen Missbrauch und Terror bis hin zur Alltagskriminalität in komplexen modernen Gesellschaften. Im aktuellen Seminar wird untersucht, wie diese Literatur Konflikte unserer Zeit darstellt.
Das übergeordnete Ziel des Rechts ist es, zur Konfliktbewältigung, zur Verhinderung physischer Gewalt und zur Vermeidung privater Rache beizutragen. Auch wenn es ihm nicht immer gelingt, diese Ziele zu erreichen, handelt es sich um einen Prozess, der eine spezifische kulturelle Ressource darstellt, und die Literatur hat sich seit der Antike damit auseinandergesetzt. Das aktuelle Interesse an „Krimis“, „Gerichtsdramen“ und Gerichtserzählungen zeugt von der anhaltenden Bedeutung des Rechts, aber wie werden heute die Institution selbst, die Parteien und die Formen des Gerichts, und nicht zuletzt unsere Erwartungen an das Gericht dargestellt und reflektiert? «Worauf hoffen wir, wenn wir an das Gericht denken», fragt in Kathrin Rögglas Theaterstück Verfahren (2021) die Gerichtsdienerin.
Diese und andere Fragen werden in dem Seminar behandelt, ausgehend von (in der Regel in deutscher oder englischer Übersetzung vorliegenden) Texten von u.a. Kamel Daoud, Kathrin Röggla, Endre Ruset, Cecilie Løveid, Linn Ullmann, Kathrine Nedrejord und Bettina Wilpert, und von ausgewählten Filmbeispielen.
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