| Kommentar |
Gegenwartsromane von Karl Ove Knausgård, Ingvild Rishøi, Jenny Erpenbeck, Lars Mytting und Carl Frode Tiller werden häufig als Romane über kritische Ereignisse, Traumata und Identitätsarbeit verstanden, sind aber zugleich Texte, die in einem viel praktischeren Sinne von Arbeit handeln. Es geht um Lohnarbeit, aber auch um nicht bezahlte Betreuung von Kindern und Erwachsenen, Haus- und Gartenarbeit, Kochen, Putzen und Reparieren. Dies sind Tätigkeiten, die oft als «(un)organized, (in)visible and (in)valuable» (Herzog und Zimmermann, 2023) kategorisiert werden, ohne die aber die Welt nicht funktionieren würde.
Angeregt durch soziologische, historische und ökologische Versuche, Arbeit in breiteren Perspektiven zu reflektieren, wird in diesem Seminar gefragt, wie die Literatur zum Verständnis von Arbeit beitragen kann. Welche Modelle, Rollen und Relationen werden in dieser Gegenwartsliteratur dargestellt und reflektiert? Welche Ressourcen hat die Literatur, ein derartig komplexes soziales Phänomen zu beleuchten? Ist Arbeit am besten mit Begriffen wie «Entfremdung» und «Selbstverwirklichung» zu verstehen, in der Tradition von Hegel und Marx? Welche Perspektiven können eröffnet werden, wenn man Arbeit als Prozess zur Erhaltung der Lebensgrundlagen versteht, wie in Stefania Barcas relationalem und machtkritischen Verständnis von Arbeit als «reproductive force» (Barca, 2020)?
Die literarischen Texte bzw. Textauszüge liegen in der Regel in deutscher oder englischer Übersetzung vor. Dasselbe gilt für die ausgewählten Texte zur Theorie der Arbeit, mit denen parallel gearbeitet wird, und auch für die Filmbeispiele, die zu einzelnen Themen herangezogen werden. |