| Kommentar |
Gruppe 1 Ada Bieber New York, New York: Urbane Kinder- und Jugendliteratur
Städte und große Metropolen sind in der Kinderliteratur oftmals ambivalente Orte, denn sie sind einerseits Landkarten urbaner Komplexität, in denen Kinder einige Räume erschließen, eigene Stärken entwickeln und eine urbane Identität herausbilden, andererseits werden sie auch mit Unüberschaubarkeit und Bedrohung verknüpft, die auch jeweils urbane, soziale und politische Entwicklungen reflektieren. In diesem SE werden wir uns exemplarisch kinder- und jugendliterarische Texte auseinandersetzen, die die Weltmetropole New York als urbanen Ort der Kindheit thematisieren. Anhand von Bilderbüchern, Erzählungen, Graphic Novels und Filmen werden literarische Kindheiten im New York des 20. und 21. Jahrhunderts vertiefend analysiert. Angaben zu speziellen Arbeitsleistungen sowie konkrete Angaben zu den relevanten Lektüren erfolgen zu Semesterbeginn im SE.
Gruppe 2 Gudrun Weiland Von Detektivgeschichten bis „True Crime“. Formen erzählter Kriminalität in der KJL
Das SE widmet sich der Frage, wie Kriminalität für Kinder erzählt wird, welche der KJL eigenen Formen sich entwickelt haben und welche Funktionen diese Darstellungen übernehmen. Dabei soll es zum einen um seit Jahrzehnten erfolgreiche medienübergreifende Serien wie „Die Pfefferkörner“ (1999-) oder „Die drei ???“ (1979-) gehen, die sich an der klassischen Detektiverzählung orientieren, aber auch um neuere Formate wie True-Crime-Podcasts und -Serien wie "ERWISCHT! Zeitreise ins Verbrechen" (2021-23) oder „Young Crime“ (2022-25). Auch in „Die rote Zora und ihre Bande“ (1941) wird Kriminalität, oder vielmehr die Kriminalisierung von in Not geratenen Kindern komplex verhandelt. Daher soll dieser Roman, der kein „Krimi“ ist, einen der Schwerpunkte im SE bilden. Das Text- bzw. Filmkorpus wird in der ersten Sitzung gemeinsam festgelegt, Vorschläge aus dem Kreis der Seminarteilnehmer*innen sind willkommen.
Literatur: Die meisten der im Seminar zu lesenden Texte werden über einen Moodlekurs zur Verfügung gestellt, der folgende Text ist aber schon vor Semesterbeginn anzuschaffen und zu lesen: Held, Kurt: Die rote Zora und ihre Bande. 4. Aufl. Frankfurt a. M.: Fischer 2017. (Gerne können Sie auch jeweils frühere Auflagen aus dem Fischer oder Sauerländer Verlag verwenden. Alternativ zum käuflichen Erwerb im Buchhandel oder im modernen Antiquariat sind verschiedene Ausgaben des Texts über die Bibliotheken des VOEBB ausleihbar.)
Gruppe 3 Ada Bieber Kinderliteratur und die Kinderrechte
Die UN-Kinderrechtskonvention wurde 1989 von den Vereinten Nationen verabschiedet und sind teil der Menschenrechtskonventionen. Inhaltlich basieren die Kinderrechte in vielen Punkten auf den Arbeiten des Kinderarztes, Pädagogen und Schriftstellers Janusz Korczak (1878-1942), der in seinen Schriften für Kinder und Erwachsene für die uneingeschränkte Achtung der Persönlichkeit des Kindes plädiert. Sowohl in Korczaks kinderliterarischen Schriften als auch in internationalen kinderliterarischen Texten wurden Kinderrechte seither immer wieder thematisiert, z.B. indem auf Ausbeutung, Missbrauch und Schutzlosigkeit von Kindern aufmerksam gemacht wird oder auch indem Kinder durch Literatur auf ihre Rechte aufmerksam gemacht werden und ermutigt werden, für sich selbst einzustehen. Dieses SE setzt sich mit der Thematisierung unterschiedlicher Kinderrechte in unterschiedlichen Gattungen und Medien der internationalen Kinderliteratur auseinander: von Janusz Korczak (Schriften, Leitung des jüdischen Waisenhauses in Warschau, Deportation nach Treblinka) über Astrid Lindgren (Erzählungen, Rede “Niemals Gewalt”, 1978) bis hin zu Kinderfernsehen und aktuellen Erzählungen. Die ausgewählten Werke werden exemplarisch analysiert. Angaben zu speziellen Arbeitsleistungen sowie konkrete Angaben zu den relevanten Lektüren erfolgen zu Semesterbeginn im SE.
Gruppe 4 Gudrun Weiland Kinderlyrik als Sprachspiel
Lyrik gilt als schwierig, schwer verständlich und die Gedichtinterpretation als mühevolle Angelegenheit, so zumindest die Haltung, mit der viele die Schule verlassen. Aber gerade in der Kinderlyrik existieren zahlreiche Beispiele für einen unterhaltsamen und spielerische Umgang mit Poesie: Seien es Spottverse wie „Angsthase, Pfeffernase …“ oder Abzählreime wie „Eene, meene, muh …“, die seit Jahrzehnten unter Kindern tradiert werden, das Sprachspielbuch „Die dampfenden Hälse der Pferde im Turm von Babel“ (1978) von Franz Fühmann oder die während der ersten Lockdowns der Corona-Pandemie ins Leben gerufene Poesiewerkstatt für Kinder „Poedu“ (2021) von Kathrin Schadt. Im SE werden wir uns nicht allein analytisch mit diesen poetischen Sprachspielen auseinandersetzen, sondern diese in eigenen Schreibexperimenten erproben. Ein weiterer Schwerpunkt des Seminars werden historische Vorläufer sein, von den Technopaignia (griech. „Kunstspiele“) der Antike, über die Gesprächsspiele des Barocks bis hin zu modernen Poesiewerkstätten nach dem Vorbild des 1960 in Frankreich gegründeten Autorenkreises OuLiPo („L‘Ouvroir de Littérature Potentielle“, franz. „Werkstatt für Potentielle Literatur“). Literatur: Literatur als Spiel. Evolutionsbiologische, ästhetische und pädagogische Konzepte. Hrsg. von Thomas Anz. Berlin [u.a.]: de Gruyter 2009.
Gruppe 5 & 7 Ariana Born Kinder- und Jugendliteratur als Zeitdokument (Blended Course)
Im SE werden kinder- und jugendliterarische Texte betrachtet, für deren Handlung die fiktionale Thematisierung von Zeitgeschichte bzw. von konkreten zeitgeschichtlichen Hintergründen wesentlich ist und die somit als sozialhistorische Dokumente dienen können. In diesem Rahmen werden Grundlagen der literaturwissenschaftlichen Textanalyse, theoretische Zusammenhänge der Kinder- und Jugendliteraturforschung sowie anwendungsbezogene Theorien der Intertextualität, Intermedialität sowie Motivanalyse eingeübt. Die Seminarteilnehmer:innen vertiefen dabei auch Kenntnisse und analytische Fähigkeiten im Umgang mit kinder- und jugendliterarischen Texten, die sie im Seminar „Kinder- und Jugendliteratur in Geschichte und Gegenwart“ (BaGS, Studienfach Deutsch, Modul 4 bzw. ZS D-M-SU, Studienfach Deutsch, Modul 1b) bereits gewonnen haben. Von den Seminarteilnehmer:innen wird eine engagierte Mitarbeit erwartet. Das schließt sowohl (mündliche) Beiträge in den Sitzungen selbst als auch eine zuverlässige Vor- und Nachbereitung der jeweiligen Themeneinheiten, insbesondere die vorbereitende Lektüre, ein. Ebenso wird die termingerechte Erledigung der semesterbegleitenden Übungsaufgaben vorausgesetzt. Das Lehr-/Lernkonzept dieses Seminars sieht eine Verknüpfung von synchronen Präsenzveranstaltungen mit selbstgesteuertem (asynchronem) Lernen vor. Die vorwiegend synchronen Lernphasen werden durch spezielle asynchrone Lernphasen (begleitetes Selbststudium) ergänzt. Dabei finden die synchronen Präsenzzeiten in dem im Vorlesungsverzeichnis angekündigten Zeitslot statt.
Gruppe 6 Carmen Stange Peter Abraham – Ein vergessener (Kinderbuch-)Autor der DDR?
Im Januar 2026 wäre der gebürtige Berliner Peter Abraham (1936-2015) 90 Jahre alt geworden. Einstmals ein bekannter, beliebter und preisgekrönter Autor der DDR, der für Lesende jeden Alters Bücher schrieb, scheint er heute weitgehend vergessen. Das ist umso erstaunlicher, weil Abraham auch nach 1989/90 noch publizierte und als Drehbuchautor tätig war, aber auch weil die Inhalte vieler seiner Werke, insbesondere die seiner Kinderbücher, zeitlos scheinen. Im SE werden drei Themenbereiche seines künstlerischen Schaffens im Zentrum der gemeinsamen Analyse und Interpretation stehen: Seine autobiographische Auseinandersetzung mit seiner Kindheit im Dritten Reich als Sohn eines untergetauchten Passfälschers („Pianke“ 1981), Abrahams fantastischen Kinderbücher, v.a. über das unangepasste und autonome Mädchen Carola Hufflattich („Das Schulgespenst“, 1978), und seine literarische Auseinandersetzung mit der Shoah („Fünkchen lebt“, 1988). Im Kontext der bisherigen (äußerst schmalen) Forschung zu Abraham und seinem Werk sollen sowohl sinnvolle Zielsetzungen grundständiger und weiterführender Forschungsbemühungen als auch die Gründe für das Vergessen und das mangelnde Interesse an Neuauflagen diskutiert werden. Für das Gelingen des Seminars sind die regelmäßige Anwesenheit und aktive Mitarbeit aller Teilnehmenden notwendig. Grundlage dafür ist die Vorbereitung der Sitzungen durch die intensive Lektüre und Vorbereitung der ausgewählten Werke. Darüber hinaus soll eine Sitzung allein oder durch eine Arbeitsgruppe in besonderem Maße, d. h. unter Hinzuziehung von thematisch relevanter Forschungsliteratur, vorbereitet und die so gewonnenen Kenntnisse zur Verfügung gestellt werden. Zudem muss jede/r zu den Sitzungen, in denen Verfilmungen von Peter Abrahams Büchern im Mittelpunkt stehen, einen knappen Inhaltsvergleich einreichen. Zur An-/Beschaffung und vorbereitenden Lektüre empfohlen: Abraham, Peter: Das Schulgespenst. Berlin: Eulenspiegel Kinderbuchverlag 2023.
Gruppe 8 Kira Jürjens Wo der Pfeffer wächst. Kinderliterarische ,Production Stories‘
Wie kommt die Schokolade auf den Tisch und die Zahnpasta in die Tube? Geschichten von der Herstellung von Alltagsgegenständen sind in Medien für Kinder verbreitet und beliebt. Für diese Form der Ding-Erzählung und ihre bis ins 18. Jahrhundert reichende Geschichte hat die Literaturwissenschaftlerin Elizabeth Hoiem den Begriff der ,production story‘ geprägt. Aufbauend auf Hoiems Forschung nehmen wir in diesem Seminar kinderliterarische Texte und Fernsehformate in den Blick, die sich der Produktion von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen widmen. Dabei fragen wir nach den spezifischen Formen der Darstellung: Welche Geschichten werden hier erzählt und welche werden ausgeblendet? Von was für einem Publikum gehen diese Formate aus? Wie verhalten sich die Texte und Bilder zu Sklaverei und Kolonialismus? Stehen dabei Menschen oder Maschinen im Fokus? Verknüpfen sich die Darstellungen mit Konsumaufforderungen? Unter Einbezug von Theorien aus dem Umfeld der material und postcolonial studies zielt das Seminar darauf, die Darstellungsentscheidungen vermeintlich sachlich-objektiver Text-Formate genauer in den Blick zu nehmen und kritisch zu hinterfragen. Seminarleistung: Vorstellung eines Kommentars zu einer Sitzung oder Verfassen von zwei Forenbeiträgen. Lektürehinweis: Elizabeth Massa Hoiem: The Progress of Sugar: Consumption as Complicity in Children’s Books about Slavery and Manufacturing, 1790–2015, in: Children’s Literature in Education 52 (2021), S. 162–182.
Gruppe 9 Carmen Stange Bilderbücher aus Berlin
Zwar beginnt die Geschichte des Bilderbuchs im 19. Jahrhundert nicht in Berlin, aber im folgenden Jahrhundert entstehen zahlreiche einflussreiche Werke des Genres in der Stadt. In den 20er Jahren und in der DDR leben zwei erfolgreiche Frauen in Berlin, die Bilderbücher in der Doppelrolle als Autorin und Illustratorin erschaffen: die Wienerin Tom Seidmann-Freud (1892-1930) und die Irin Elisabeth Shaw (1920-1992). Ihrem Werk werden wir uns im SE ebenso widmen, wie Bilderbüchern, die in Teilen in Berlin entstanden sind: Bücher mit Texten von Paula und Richard Dehmel oder Bildern von Walter Trier, Werner Klemke und Ingrid Meyer-Rey. Bisweilen ist dabei auch die Stadt Berlin Thema, wie etwa in „In einem alten Haus in Berlin“ von Kathrin Wolf und Isabel Kreitz – ein Themenexkurs, der uns ins 21. Jahrhundert führen wird. Neben der Erarbeitung einer kleinen Literaturgeschichte des Bilderbuchs zielt das SE auf die Einübung der Bilderbuchanalyse, auf deren Grundlage die vorhandene literaturwissenschaftliche Forschung diskutiert und zukünftige Forschungsperspektiven gewonnen werden können. Für das Gelingen der LV sind die regelmäßige Anwesenheit und aktive Mitarbeit notwendig. Grundlage dafür ist die Vorbereitung der Sitzungen durch die intensive Auseinandersetzung mit den ausgewählten Bilderbüchern. Darüber hinaus soll eine Sitzung allein oder durch eine Arbeitsgruppe in besonderem Maße, z. B. unter Hinzuziehung einschlägiger Nachschlagewerke, Handbücher und Forschungsbeiträge, vorbereitet und die so gewonnenen Kenntnisse dem SE mündlich und schriftlich, z.B. in Form eines Handouts, zur Verfügung gestellt werden. Zur Anschaffung und seminarvorbereitenden Lektüre empfohlen: Shaw, Elizabeth: Geschichten für Kinder. Zilli, Billi und Willi. Guten Appetit. Der kleine Angsthase. Wie Putzi einen Pokal gewann. Das Bärenhaus. München: Beltz 2007; Shaw, Elizabeth: Mehr Geschichten für Kinder. Die Schildkröte hat Geburtstag. Die Landmaus und die Stadtmaus. Bettina bummelt. Das Labyrinth im Mais. München: Beltz 2008. Zum Einstieg in die aktuelle Forschung: Das Bilderbuch. Theoretische Grundlagen und analytische Zugänge. Hrsg. v. Ben Dammers, Anne Krichel und Michael Staiger. Berlin: Springer 2022. (online-Zugriff über die UB möglich).
Gruppe 10 Carmen Stange Der Vorhang geht aus: Theater für Kinder
So bunt und vielfältig wie die Berliner Kulturszene im Allgemeinen sind auch die Theaterangebote für Kinder in der Hauptstadt. Neben dem legendärem Grips-Theater, dem Theater an der Parkaue, das das größte seiner Art in Europa ist, dem Atze Musiktheater, dem Berliner Kindertheater und der Astrid-Lindgren-Bühne im FEZ gibt es zahlreiche Puppen- und Figurentheater, Stadtteiltheater für Kinder und Angebote der renommierten Bühnen der Stadt speziell für Kinder und Jugendliche. Doch was ist das überhaupt, Theater? Im SE werden wir nicht nur die Frage klären, welche Merkmale die Gattung Dramatik im Allgemeinen sowie die verschiedenen Formen von Dramen im Besonderen bestimmen und ob Stücke für Kinder Besonderheiten aufweisen, sondern uns auch eine kleine Literaturgeschichte des Dramas für Kinder erarbeiten. Dafür werden wir uns mit Adaptionen beliebter Kinderbücher für die Bühne ebenso auseinandersetzen wie mit Texten, die von vornherein als Theaterstücke konzipiert wurden, und nach den Vor- und Nachteilen der beiden Arbeitsweisen der Dramatisierung fragen. Für diese Vergleiche bieten sich insbesondere Texte von Erich Kästner und Paul Maar an, deren erfolgreiche Kinderromane immer wieder auf die Bühne gebracht werden, die aber auch explizit Theaterstücke für Kinder geschrieben haben. Ebenso wird die Beschäftigung mit dem Aufführungsaspekt nicht zu kurz kommen. Geplant sind im Rahmen des Seminars ein Besuch des Berliner Puppentheatermuseums und das gemeinsame Ausprobieren des Workshops „Brecht to go“, den das Berliner Ensemble für Schulklassen anbietet. Denn auch die Frage, ob Kindertheater nur Theaterstücke für Kinder umfassen sollte oder ob nicht auch Stücke der Weltliteratur etwas für Kinder sein können, wird uns beschäftigen. Für das Gelingen der Lehrveranstaltung sind die regelmäßige Anwesenheit und aktive Mitarbeit notwendig. Grundlage dafür ist die Vorbereitung der Sitzungen durch die intensive Lektüre der ausgewählten Texte und die Teilnahme an den Außenterminen. Darüber hinaus soll eine Sitzung allein oder durch eine Arbeitsgruppe in besonderem Maße, z. B. unter Hinzuziehung einschlägiger Nachschlagewerke, Handbücher und Forschungsbeiträge, vorbereitet und die so gewonnenen Kenntnisse dem Seminar mündlich und schriftlich, z. B. in Form eines Handouts, zur Verfügung gestellt werden.
|