Kommentar |
‚Zeit ist Geld!‘, ‚Wer rastet, der rostet!‘, ‚Wo ist denn nur die Zeit geblieben?‘ oder ‚Wann hattest du dazu denn bitte noch Zeit?‘ sind Äußerungen, Empfindungen und vermeintliche Weisheiten, die jede*r von uns kennt. Zudem scheinen ‚Zeitmanagement‘ und ‚Zeitoptimierung‘ spätestens in der Spätmoderne zu Imperativen geworden zu sein, die unser Leben in jedem Moment anleiten.
Zeit und ihre Ausprägungen scheinen also vielschichtig, kulturell überformt – weshalb sie sich oftmals der Wahrnehmung entziehen – sowie gleichzeitig einen großen Einfluss auf unser Denken, unsere Handlungen und unser Sein zu haben: Also darauf, wie wir uns verhalten, wie wir arbeiten oder unser Leben ausgestalten und strukturieren (Bröckling, Foucault). Doch „[w]elcher Stellenwert der Zeit in der Perspektive der Soziologie zukommt, ist alles andere als selbstverständlich“ (Reckwitz).
Im Seminar widmen wir uns systematisierend dem Phänomen Zeit, dessen sozial- und gesellschaftstheoretischen Bedeutungen sowie temporalen Praktiken im Alltag. Ausgehend von der Lektüre klassischer soziologischer Ansätze (Bourdieu, Elias, Luhmann) reflektieren wir Zuspitzungen und Beschleunigungserscheinungen der Zeit (Rosa, Fisher), betrachten, welchen Veränderungsdynamiken Zeiterfahrungen historisch unterliegen (Assmann, Benjamin, Nietzsche, Koselleck) und überlegen gemeinsam, welche Bedeutung digitale Kulturen und der Gebrauch von Medien in diesem Zusammenhang aufweisen (Avanessian, Kitchin, Kornbluh, Nowotny).
Teilnahmevoraussetzung Regelmäßige Teilnahme, Bereitschaft zur intensiven Lektüre komplexer theoretischer Texte (deutsch- und englischsprachig) sowie zum Verfassen von Reading Responses. |
Literatur |
- Adam, Barbara (1990): Time and Social Theory, Cambridge: Polity Press.
- Kubler, George (2008): The Shape of Time. Remarks on the History of Things [1962], New Haven: Yale University Press.
- Lefebvre, Henri (2004): Rhythmanalysis. Space, Time, and Everyday Life, London, New York: Continuum.
|