Kommentar |
Schreiben und arbeiten im Exil, das ist eine Situation, die heute unzählige Künstler:innen aus vielen Ländern, in denen sie von politischer Verfolgung und Krieg bedroht waren und deshalb fliehen bzw. (temporär oder vielleicht für immer?) auswandern mussten, betrifft. Berlin ist im Moment für viele von ihnen ein sicherer Hafen, an dem sie Zuflucht finden, aber auch Zentrum einer neuen Exilkultur.
Das novinki-Projektseminar, welches eine praktische Einführung in die Techniken kulturjournalistischen Schreibens bietet, widmet sich schwerpunktmäßig dem Thema des Schreibens und des künstlerischen Schaffens im Exil. Mit Fokus auf politisch repressive oder vom Krieg betroffene Länder Zentral- und Osteuropas wie Ukraine, Russland, Belarus oder auch Ungarn und die von dort nach Berlin geflüchteten Autor:innen und Künstler:innen werden von den Studierenden Reportage- und Interviewprojekte konzipiert und praktisch umgesetzt. Im Dialog mit den Betroffenen wird herausgearbeitet und dargestellt, wie diese Kulturschaffenden mit dem Verlust ihres angestammten point of view, ihrer gewöhnlichen Adressatencommunity umgehen, wie sie es schaffen, ihre wichtige Stimme aus der unerwarteten und ungewollten Position der displacedness zu bewahren und neu zu erheben, für wen sie im Exil schreiben, was Exil für sie eigentlich bedeutet und welchen Stellenwert Berlin bzw. andere Orte in Deutschland als neue (temporäre?) Schaffens- und Kommunikationsorte für sie eigentlich haben.
In theoretischer und historischer Auseinandersetzung werden wir uns mit dem Thema Exil, dem Begriff, den Definitionen und der historischen Bandbreite an Positionierungen von Exilanten aus osteuropäischen Ländern (in historischer Perspektive besonders aus Polen und der Sowjetunion) beschäftigen. In praktischer Hinsicht werden wir – auch anhand von Handbüchern und Beispieltexten – journalistische Gattungen kennenlernen und die genannten eigenen kulturjournalistische Projekte (z.B. eine Reportage oder ein Interview) entwickeln, die im Laufe des Semesters dann praktisch realisiert und in gemeinsamen Redaktionssitzungen auf eine potentielle Publikation bei novinki vorbereitet werden. Die Sitzungen dienen der Begleitung der einzelnen Arbeitsschritte. Bestandteil dieses praktischen Teils des Seminars ist auch ein von einer/m renommierten Journalisti/en geleiteter Workshop, der den Teilnehmer*innen Gelegenheit bietet, das eigene Projekt und die dann bereits verfasste Skizze mit einem Fachmann/Fachfrau zu diskutieren. Das Seminar findet in Kooperation mit der Universität Potsdam statt. Wer möchte, kann dieses Projektseminar gerne auch in Kombination mit dem davor stattfindenden Masterseminar „Schreiben im Exil: Geschichte und Gegenwart“ besuchen und für beide Seminare Leistungspunkte sammeln. |